
was unser Menschendasein so verdirbt,
und ich erkannte: nicht der Unverstand
ist Wurzel allen Übels – Einsicht fehlt
den meisten nicht, ganz anders liegt der Grund:
Was recht ist, sehen wir und wissen wir
und tun es doch nicht, seis aus Lässigkeit,
seis weil die Lust des Augenblicks das Werk
verdrängt, und mancherlei Verlockung gibts (…)“
Euripides, „Der bekränzte Hippolytos“
Warnhinweis: Der folgende Text enthält, nach dem starken Anfang, nur noch Puppengedanken. Die Lektüre ist Zeitverschwendung! – Aus der taz, die es wiederum aus der FAZ hat, habe ich folgendes Zitat des Yanomami-Häutlings Davi Kopenawa: „ Ich denke, dass es sehr traurig ist, dass die Weißen ihre Wälder kaputtmachen und sich dann solche kleinen Puppenpflanzen (Topfpflanzen) in die Häuser holen, um damit zu spielen…“ Das gefällt mir, auch wenn ich hier angeprangert werde, als marodierender weißer Wälderkaputtmacher und Puppenblumen-Besitzer. Ich bekenne: Ich besitze einen Ficus benjamina, und ich spiele mit ihm, gieße, besprühe und dünge ihn, schau ihm beim Wachsen zu, putze seine Blätter und kommuniziere mit ihm, allerlei vegetativ non-verbale Ermunterungen aussendend. Bislang wähnte ich mich damit noch nicht auf der Straße der Verworfenheit. Schließlich gibt es böse weiße Männer, die sich zum Spielen sogar kleine Puppenfrauen in die Häuser holen, dicke Puppenpitbulls oder Puppenwagen von Daimler, was dem Regenwald der Yanomami-Indianer bestimmt mehr an die Nieren geht als meine überwiegend digital-minimale Büro-Existenz.
Andererseits weiß man nie, auf welche Weise man, seis aus Lässigkeit, seis weil die Lust des Augenblicks einen packt, unfreiwillig in Gottes eigentlich vorbildlich ausgefinkelter Natur herumsaut. Zu meinem Wissensschatz, den ich teils Wikipedia, teils dem Fernsehen (flache Puppenstube!) verdanke, gehört seit kurzem der Fakt, dass zur Herstellung eines einzigen T-Shirts angeblich 4000 Liter Wasser verbraucht werden. Zwar weiß ich nicht, wie das genau zugeht, aber es frappiert mich. Statistiken können bei mir existentielle Ängste auslösen! Als Besitzer von ca. 80 identischen schwarzen T-Shirts (da hat man keine Last mit Wäschesortieren oder morgendlicher Kleiderwahlqual) hab ich die weltweiten Wasserreserven schon mal recht ordentlich dezimiert! Ob es im Regenwald überhaupt noch regnet? Hinfahren und nachschauen möchte ich nicht, weil das schon wieder 80% der Energiereserven verzehrte, die z. B. ein armer Indianer braucht, um der FAZ Interviews zu geben.
Man sollte viel mehr über solche Erheblichkeiten nachdenken, aber stattdessen ertappe ich mich bei einer nichtigen Grübelei darüber, ob „Topfpflanze“ eigentlich das einzige deutsche Wort mit Doppel-„pf“ ist. Auch wenn mich das Wort zunehmend hypnotisiert, ist das natürlich ein Puppengedanke von monströser, ja, menschenverachtender Irrelevanz! Da drängeln sich die Weltprobleme, dass die Lifeticker durchdrehen, und mein doofes Hirn betreibt fruchtlose Nasbohrereien! Zum Glück blühe resp. blogge ich im Verborgenen, aber dennoch, wenn ich zusammenrechne, wie viel Lebenszeit ich meinem elitären Leserkreis allein durch diesen Text gestohlen habe – davon könnte eine erschöpfte Yanomami-Mami einen ganzen Nachmittag ressourcenschonend in der Hängematte liegen. Oder Puppenblumen für den Export züchten. – Trotzdem, mal ehrlich, je länger man das Wort anguckt oder je öfter man es rasch hintereinander ausspricht, um so merkwürdiger wird es, oder? Topfpflanze, Topfpflanze, Topfpflanze…
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