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Nicht zu knapp: Restaurant-Kritik in einem Satz

29. Januar 2011

Gibts leider nicht: Gegrillte Meerschweinchen (Quelle: http://www.esperanza-tours.de/. ../ipiales17.jpg)

Als bekennender Fernreisemuffel war ich, zugegeben, noch nie am Orinoco, denn Alexander von Humboldt war schon da, in Venezuela und Kolumbien, und hat berichtet, wie es da aussieht, was man ruhig mal wieder lesen kann, wenn es einen interessiert; indes sah man mich im Orinoco, gestern, einem „südamerikanischen“ Restaurant, das es in Duisburgs Hafenviertel Ruhrort schon ewig gibt, ohne dass ich es recht bemerkt hätte, – aber nun ist es in neue Räume gezogen und ich habs besucht, worüber ich gern berichte, wenngleich zu einem eindeutigen Urteil zu kommen für mich so schwer ist wie, um mit Lichtenberg zu sprechen, „einem Schaf das Apportieren beizubringen“, denn die Zwiespältigkeit der Eindrücke lässt sich schwer auf einen Punkt oder Stern bringen, was nicht zuletzt, und bestimmte Gastronomen sollten mal drüber nachdenken, an dem überaus charmanten, aufgeschlossen kommunikativen, ungewöhnlich zugewandten weiblichen Service-Personal liegt, dessen Reiz einen entwaffnet, dergestalt, dass man Kritik nur ungern äußert, um nicht Liebenswürdigkeit mit Grämlichkeit zu beantworten, obwohl es gewissen Anlass zu Nörgelei schon gäbe;

freilich braucht es eine Weile, denn zunächst bewundert man die liebevolle, detailverliebte Dekoration der Räume, Nischen und Separées, die mit allerhand Lateinamericana und Orinoco-Anmutung ausstrahlenden Aquarien – ob auch mit Piranhas, das habe ich nicht herausgefunden – ausgestaltet sind, wobei viel bunte Deko-Lichter und brennende Kerzen zusätzliche Gemütlichkeit abstrahlen, was olfaktorisch hochempfindsame Hyper-Sensiblingen wie mir ein wenig über den leicht feucht-muffigen Geruch der Räume hinwegzuhelfen imstande ist, der leider in dem alten, lange durch Leerstand vernachlässigten Gemäuer hängt, gewiss aber irgendwann verschwinden wird; indes mag den Leser mehr die Qualität des Essens interessieren, über das ich nicht in den Jubel mancher Kollegen einstimmen vermag, denn die kleine überschaubare Karte bietet leider nur wenig genuin Regionales wie z. B. in gewissen Regionen am Orinoco verzehrte frittierte Riesenameisen oder gegrillte Meerschweinchen erwartet hätte, nein, so verwegen bin selbst ich nicht,

– nur schienen mir Enchiladas und Tapas eher ein wenig amateurhaft a là mexicaine „nachempfunden“ als wirklich original, was nicht unbedingt schlimm ist, aber besagte Enchiladas waren zur Hälfte eiskalt, mein geliebtes schwarzes Bohnenpürée recht fad und das Guacamole, nun, ich behaupte dies ungescheut, kann ich zuhause besser, würziger und genuin „mexikanischer“ zubereiten; allein die Suppen (Tomaten-Olive, Erdnuss) waren ohne Tadel, erfrischend, fruchtig und im Falle der oft gelobten Erdnusssuppe, überraschend wenig mächtig und fett, sondern appetitanregend schmackhaft, was mich den ein wenig unambitionierten, banalen Rosé aus Chile gutmütig tolerieren half, was auch an der wirklich entzückenden Verblüffung lag, mit der die reizende Service-Kraft meine Bemerkung registrierte, Nachos könne man durchaus, anstatt kalt und zäh, im Ofen warm gemacht und fertig geröstet servieren, eine Neuigkeit, die sie versprach, unverzüglich dem Koch zu hinterbringen – kurzum, offen gestanden, das Orinoco-Erlebnis blieb ein zwiespältiges, da ich mich letzten Endes vermutlich weniger an das Essen, mit Ausnahme der Erdnusssuppe, die ich beschloss, recht bald nachzukochen, dafür umso mehr an die offensichtliche Begeisterung der Betreiber und den Charme der Saaltöchter erinnern werde und deshalb einen zweiten Besuch nicht ausschließe. Punkt.

 

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Who let the dogs in?

21. Dezember 2010

Modisch, doof, aber mit Allbein-Getriebe: Franz. Bulldogge (Fotoquelle: Gemeinfrei, Wikipedia, Artikel: "Französische Bulldogge")

Manche Leute, z. b. aus dem mir so überaus unkorrekt perhorrreszierten (nachschlagen, wenn nötig!) „grün-linken juste milieu“, und nicht nur die am Prenzlauerberg, sondern auch in Stuttgart „20,5“ oder im grünkernig-kleinbourgeoisen Freiburg, können sich allen möglichen Luxus leisten! Zum Beispiel – Kinder. (Wer noch die Wahl hat: Ich rate ab! Kinder sind schlimmer als junk bonds und hedge fonds – todsichere Methoden, sich nicht nur wirtschaftlich zu ruinieren, sondern auch noch ein richtiges scheiß Gefühl dabei zu kriegen. Kinder zu zeugen und deren rechtzeitige Abtreibung zu versäumen zeugt nicht nur von „ruchlosem Optimismus“ (Dr. A. Schopenhauer), es führt auch zu emotionaler Deprivation, chronischer Depression und u. U. multiplen Persönlichkeitsstörungen. Kinder kommen gleich nach Meerschweinchen, Schildkröten und Kanarienvögeln: Undankbare, nervende, kostspielige, krankheitsbehaftete, doofe und verfressene Spezies, Parasiten der Evolution, supraviskose Überflüssigkeiten mit krebsauslösendem Nervfaktor! Zeig mir, was Du transportierst, und ich sage Dir, wer Du bist: SUVs und Allrad-Toyotas mit Maxicosi-Kindersitzen indizieren einen Fahrzeuginhaber, der seine Groschen nicht mehr zusammen hat; jedenfalls spätestens, wenn die „Kinder“ in die Schule kommen, zum Ballettunterricht chauffiert werden müssen und Reitstunden verlangen, dann sind die Groschen nämlich rasch alle!

Wer von Kindern nicht wirklich lassen kann, aber schon einen Hauch kognitiver Kompetenz sein eigen nennt, greift zum Surrogat. Ein respektables Kinder-Surrogat ist beispielsweise ein Hund. Hunde haben eine überschaubarte Lebenserwartung, sie wollen weder Markenklamotten von Dolce & Gabbana, G-String oder Lagerfeld, oder gar Nokia-Handys, und weder „erstmal die Welt kennenlernen“ noch studieren bzw. jetzt doch erstmal „noch mal was ganz anderes studieren“ (Theaterwissenschaft, Sanskritologie, Meeresarchäologie), sie sind also kostengünstig, und außerdem treuer, anhänglicher und dankbarer als jedes denkbare Kind.

Hier rate ich aber: Nehmt bitte nicht wahllos einen hysterischen Jack Russel, keinen Mode-Mops und nicht die beknackte, aber hoch-modische rortweingeschwenkte franz. Bulldogge (diese dicke, debile Leberwurst mit Fledermaus-Ohren und Allbein-Gebtriebe), sondern, wenn schon-denn schon, einen richtig großen, womöglich klops-riesigen und dazu total exotischen Hund, der schon auf der roten Artenschutz-Liste steht! Der Magister empfiehlt Mastiffs, südafrikanische Bluthunde, mallorquinische Schäfer oder portugiesische Wasserhunde, jedenfalls Tiere, die man immer erst googeln muss, um eine Vorstellung von ihnen zu gewinnen. Frauen, die weniger als 50Kg wiegen, lege ich gern eine Dänische Dogge (70Kg) ans Herz, die ihr Frauchen gern mal vor ein fahrendes Auto zerrt. Der sich dann anbahnende oder abspielende Unfall wird bevorzugt „tragisch“ genannt.

Guggssu hier:

https://6kraska6.wordpress.com/2009/09/16/winterseels-jour…

Ob Hunde allerdings wirklich die definitive Lösung darstellen, ist für mich durch die Erzählungen einer Freundin und bekannten Reise-Qualitätsbloggerin  fraglich geworden, die bis vor kurzem einen imponierenden Irischen Wolfshund besaß – ein in der Tat eindrucksvolles Tier, keine Schönheit, aber ausgestattet mit einem Organ (bellen Hunde „bass-bariton“? Ich glaub, dieser schon!), dass dieses Tier Schutzfunktionen übernehmen ließ, die ein Kind, selbst wenn es quengelt, stinkt und quiekt, niemals erfüllen könnte. Ein solches Ungeheuer „Freund“ und „Kumpel“ nennen zu dürfen, erschien mir Naivling lange Zeit als exquisites Daseins-Höhepunktsmerkmal. Manno, dachte ich, wär ich nicht definitiv zu faul, allmorgendlich um 7.00 Uhr mit der Töle um den See zu marschieren, ich hätte verdammt noch mal auch gern so ein ego-steigerndes Monstrum! –

Besagte Freundin ernüchterte mich freilich harsch: Geh mit so einem „Kumpel“ mal menschlichen Bedürfnissen nach: Reisen, Hotelbesuche, Restaurants, Saunen, Museen – wohin wohl dann mit Nero, Tyson, Caligula oder Rocky (III)? – Hunde, und zwar egal ob neurotische Malteser, komplett irre Jack Russels oder meschuggene Doggen, werden in kultivierten Menschenbezirken oft überhaupt nicht akzeptiert! Wer durfte mit seinem Hund schon mal in die Irische Dampfsauna? Wo wird es toleriert, dass vierbeinige Freunde Beuyssche Fettecken wegschlabbern? Selbst in Philosophievorträgen werden große Hunde nur bedingt willkommen geheißen. 

Um so erstaunlicher, wie zögerlich sich eine Markt-Idee durchsetzt, deren menschen- wie tierfreundliche Grundgesinnung sich doch auf Anhieb erschließt: Professionelles Hunde-Hotel, gepflegter Hunde-Parkplatz, Hunde-Wellness-Spa, Hunde-Ayurveda-Bespaßung, Betreuung, Unterhaltung und tiergerechte Aufbewahrung! Hasso, Rex und Attila genießen einen frauchenfreien Wohlfühltag! Das geliebte Vieh wird nonchalant geparkt, abgegeben, ruhig gestellt und wohlmeinend untergebracht, während sich Frauchen gepflegt mal einen Latte Macchiato genehmigt, die Sauna besucht und ein Museum besichtigt. Danach schließen sich schweifwedelnd Frauchen und Hund wieder in die freundschaftlichen Arme, hecheln beglückt und haben nicht die Spur eines schlechten Gewissens. Beide haben ihr Leckerchen bekommen; beide kamen auf ihre Kosten, für die Frauchen dann natürlich leider, aber nur allzu gerne aufkommen muss. Aber für den Liebling ist doch nichts zu teuer!

Eine Gesellschaft, die mit ihren Hunden menschenwürdig umgeht, kann nicht ganz schlecht sein! Sodermaßen bin ich durchaus stolz auf meine Stadt, dass sie so etwas neuerdings bietet: Hunde-Spass! Dächte ich wie ein Rüde, würde ich allenfalls anregen: Ein … Hunde-Puff wäre noch eine Spur mondäner. Aber das kann ja noch werden.

PS: In Ermangelung eines eigenen Hundes kann ich auf das Unternehmen nur werbend hinweisen – persönlich AUSPROBIERT habe ich es freilich nicht.