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Geld. Langweilig, aber wichtig…

12. März 2010

Klar, das glaubt man jetzt nicht. Philosophen, Essayisten und ätherische Schöngeister, die eine Hymne auf ihren Steuerberater schreiben, gibt’s eher selten. Ich bin so einer und schrie b grad auf dem Qype-Forum dieses:

Geld, Geld, ja, ja. Dolle Sache, weiß ich. Wenns fehlt, kann das schon mal sehr ärgerlich sein und schwer nerven. Ich kenne das gut. Die da oben, die Reichen und Superreichen, die Gesellschaftsverhältnisse und ihr da draußen alle seid ausnahmsweise aber mal nicht schuld daran, daß ich fast nie Geld besitze. Meine relative Mittellosigkeit beruht nicht zuletzt nämlich auf einer meiner höchsteigenen Psycho-Macken: einer ausgeprägten Verwaltungspapierkramphobie. Vom Belege-Sortieren, Sachen-Abheften, Korrespondenz-Ordnen, Auszüge-Kontrollieren und Policen-Betreuen sowie vom Sachen-für-den-Steuerberater-fertig-Machen bekomme ich übeltrübgrünen Hautausschlag, furzgräsigen Hirn-Schwurbel und da unten, Herr Doktor, da knapp unterm Brustbein, so ein ganz, ganz komisches Stechen, Ziehen, Grimmen und Grummeln!

Der von mir geschätzte Wiener Kaffeehausliterat Peter Altenberg hatte sich in seinen jungen Jahren sicherheitshalber ein ärztliches Attest ausstellen lassen, daß er zu regelmäßiger Berufstätigkeit zu sensibel sei. So etwas ähnliches benötigte ich auch: „Bescheinigung: Herr Magister Kraska ist aus idiosynkratischen Gründen leider prinzipiell nicht in der Lage, seine Unterlagen in Ordnung zu halten und ist insofern zu 100% pflege- bzw. betreuungsbedürftig“.

Ein mir nahe stehender Mensch, die Chefin persönlich, konstatiert mitleidlos kühl: „Quatsch mit Soße! Du hast keine Phobie. Du bist einfach bloß ein alter Schlamper!“ Ja, Ma’am, da ist etwas dran. Aber daran ist ja gerade die Phobie schuld! Ich versuch doch mein bestes, kaufe Ordner, Tacker, Klarsichthüllen, einen Locher, sogar so Klebezettel und alles, und Stifte sowieso. Ich liebe Büromaterial. Ich kann nur auf Dauer nicht damit umgehen. Gründe hierfür weiß vermutlich die Psychoanalyse. Mein Herr Vater war ein geborener „von und zu Aktendeckel“, und obwohl der arme Mann davon nichts mehr mitkriegt, rebelliere ich wohl unbewusst noch immer gegen ihn. Was kann ein armer 68er-Junge schon werden, wenn sein Vati Leiter des städtischen Ordnungsamtes war?

Ein Schlamper, ein Chaot, ein Wirrmichel, einer, der alles verbaselt, vergisst, verlegt, verkramt, verschiebt, stapelt, gelegentlich umstapelt, dann erneut verkramt, irgendwann später noch mal überraschend unterm Sofa wieder findet, um es dann schließlich endgültig zu versemmeln und zwar auf nimmer Wiedersehn. Und das sind nur die wichtigen Unterlagen! Rechnungen öffne ich grundsätzlich erst bei Mahnstufe Drei, und mancher meiner Gläubiger weinte schon Tränen des Glücks, wenn er zwei Jahre nach Fristablauf eine vergessene Rechnung unverhofft von mir plötzlich doch überwiesen bekam.

Ein guter Hausvater und Ökonom, der mühelos mit Aktien, Wertpapieren, Staatsanleihen und Kommunalobligationen jongliert, ohne daß ihm je etwas unters Sofa fällt, wird mir zu einer Therapie raten. Leider aber habe ich aufgrund einer Zwangsneurose stark phobisch-agressive Abneigungen gegen Psychotherapeuten und bin daher amtlicherseits anerkannt therapieresistent. „Therapie!“ schnaubt die Chefin, „du brauchst keine Therapie, du musst nur einfach mal MACHEN!!“ Bedauerlicherweise schaut sie, die Verehrungswürdige, dabei so streng wie weiland meine Frau Mutter, was mich automatisch rebellieren läßt. Ich schalte auf „doof“, was mir nicht schwer fällt.

Daß ich dennoch oberhalb der absoluten Prekariatsgrenze lebe, verdanke ich, neben der Chefin, die immer das Schlimmste verhindert, nicht zuletzt einem sehr guten, empfehlenswerten Steuerberater: Heinz Pudell. Ihn, den ich seit 27 Jahren kenne, bewundere ich ein bißchen, denn er ist das Gegenteil von mir. Er liebt Zahlen, kennt sich mit den Knifflichkeiten des Steuerrechts aus, hat Sinn für Verwaltungspapierkram und bezahlt ein paar Top-Leute dafür, daß sie ihm alles immer schön abheften. Er hat in seiner finanzamtlich wohlfundierten Karriere eine Art künstlerische Kreativität entwickelt, die in diesem Beruf eher selten zu finden ist. Alles, was ich verabscheue, was mich ängstigt oder anödet, macht er mit Leidenschaft und Engagement. Und bei ihm herrscht tadellose Ordnung. Gestern rief ich an, weil ich plötzlich eine Handelsregister-Urkunde brauchte aus einer geschäftlichen Unternehmung, in die ich in den 80ern (!) mal verwickelt war; das war in meinem 5. Leben. Jetzt führe ich ca. das neunte und finde natürlich keine Unterlagen mehr. Für Pudell & Partner kein Problem. Nach wenigen Stunden hatten sie mir, ohne zu maulen oder auch nur die Stirn zu runzeln,  das Uralt-Ding aus ihrem Keller gekramt und säuberlich kopiert..

Da ich, ohne die damalige Kreativität und Gewitztheit meines Steuerberaters heute vermutlich unter der Brücke lebte, ohne Laptop und Internetz, möchte ich ihn heute loben und weiterempfehlen. Er und seine Partner und Leute sind gut. Richtig gut. Von mir 12 Punkte, oder fünf Sterne, oder so (kann nicht so mit Zahlen…) Ich hoffe, er liest dieses Lob. Daß er es sorgfältig abheftet, da bin ich mir sicher!

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