Freitag, Fragestunde. Mein serbo-deutscher Nachhilfe-Schüler Milan darf mir wieder Fragen stellen. Meistens sind sie ziemlich persönlich. Lieblingstier, Lieblingsreligion, Lieblingsfarbe, Lieblingsgetränk. „Wein“ sage ich. „Aber neulich, bei uns, da hast du aber BIER getrunken, Lährärr!“ – „Ja“, repliziere ich herzlos, „weil es nichts anderes gab – aber ich hasse Bier!“ – „Aber Wein?“ – „Ja, den trinke ich gerne. Wenn ich mit der Gattin koche und wir essen, dann gibt es Wein.“ Milan, mit acht Jahren schon immens weltläufig, nickt verständig: „Und mit Kerzen, ne? Und denn Sonnenuntergang! Und nachher geht ihr ins Kino…“ Ehe ich nachfragen kann, fügt er träumerisch hinzu: „Dassis dann … ROMANTISCH, ne?“ Was „romantisch“ ist, weiß er aus dem Fernsehen. Amerikanische Filme. Soviel zum Weltwissen achtjähriger Migrantenkinder. Obwohl er die Grammatik des Geschlechtlichen noch nicht so drauf hat. Was nach dem Kino evtl. noch passieren könnte, bleibt vorerst im Dunklen.
Dass er, wie ich ihm prophezeie, dereinst ein hübsches Mädchen heiraten wird, empfindet er indes als Beleidigung. Ein Mädchen? Das ist ja wohl voll eklig! Ich verzichte darauf, ihm zu erklären, die Alternative wäre, schwul zu werden, weil schwul ist nämlich noch schlimmer als sich mit Mädchen abzugeben. Oder, präziser, strikt nach Schulhoflogik: Sich mit Mädchen zusammenzutun ist „voll schwul“! Sobald Papa tot ist, heiratet Milan deshalb seine Mutter. (Er hat ein beunruhigendes Interesse am Thema „Erben“.) Und fremde Frauen möchte er zuhause nicht haben. Da mich gelegentlich der Hafer sticht, sage ich ihm vorher, dass er in ein paar Jahren verrückt nach Mädchen sein wird. Darüber kann er nicht lachen. „Lährerr“, sagt er ernst, „du machst mich schon wieder Scherz! Hab ich genau gemerkt!“
Immer denselben schlechten Scherz machen die öffentlich-rechtlichen Medien mit mir, indem sie zu meiner nie erlahmenden Fassungslosigkeit stundenlang sog. Fürstenhochzeiten übertragen. Das Rätsel, wer zur Hölle so etwas guckt, ist gelöst: Ich! Wenn auch nur drei Minuten, und bestimmt nicht, weil ich das „romantisch“ finde. Kürzlich las ich den Kindermundspruch: „Wenn man Kinder haben will, muss man Sex machen oder heiraten.“ Oder, wenn man aussieht wie ein pummeliger Busfahrer aus Leverkusen, aber ein voll schwuler Operettenprinz und schwer betuchter Spielbanker ist, kauft man sich halt eine schöne Frau und heiratet die öffentlich. Kinder kann sie ja dann vom Bademeister kriegen. Die bildschöne Frau hat ein bisschen geweint, was auch in den Nachrichten kam. Sie hatte wahrscheinlich zu spät geschnallt, wozu Candle-Light-Dinner und Kino-Besuche führen können. Ihr Prinz Albern I. sah übrigens aus, als hätte er lieber Mutti geheiratet, das war deutlich zu sehen.
Abschließend stecke ich mir eine fremde Feder an den Hut. Unsere BILD-Zeitung – ist sie nicht unschlagbar? „In aller Offenheit kann unsere Nationaltorhüterin Nadine Angerer erklären, dass sie mit einer Frau lebe. Undenkbar im Männerfußball.“ – Der ist nämlich voll schwul.
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