Eine vermehrt diskutierte Frage: Ist der Elefant in der fortwährend miniaturisierten Welt der Chips und Bits noch zeitgemäß? Unvergessen ist ja die Erkenntnis und tiefere Einsicht des großen Gothaer Katheder-Professors Galetti: „Das größte Insekt ist der Elefant“. Dies gilt insofern als empirisch belegt, als ein noch größeres Insekt jedenfalls bislang nicht gefunden wurde, weder im Senegal noch auf Sumatra, wo noch die meisten zoologischen Überraschungen auf ihre Entdeckung warten. Die taxinomische Ordnung der Welt gilt aus Gründen der Übersichtlichkeit als wünschenswert. Manche „Eintheilungen“ des Professors Galetti werden indes heute als überholt oder unpraktikabel angesehen, so etwa die der Pflanzen in „zweibeinige und vierbeinige“.
Als ich nach einer Religion suchte, zu der man mal spaßeshalber konvertieren könnte, stieß ich bei Gelegenheit auf den Hinduismus. Er besticht durch seine Undurchsichtigkeit und enorm unübersichtliche Vielfalt, und der Unbelehrte möchte gern glauben, das völlig überkandidelte Göttergewirr müsse sich dem jahrhundertelangen habituellen Missbrauch des Fliegenpilzes oder anderer psychoaktiver Drogen („Soma“) verdanken. Religionen lassen sich generell einteilen in solche, die aus Mangelernährung und Sexualnot entsprangen und solche, die ohne acid gar nicht zu begreifen sind. Mein hinduistischer Lieblingsgott ist Ganesha, ein pummeliges Kind mit roter Haut und vier Armen, auf dessen Schultern ein Elefantenkopf sitzt. Sein Reittier ist eine Maus. Wer kommt denn auf so etwas?! Der lustige Elefantenpummel steht für Glück, Wissen und Weisheit, das macht ihn trotz seiner exzentrischen Morphologie jedenfalls auf Anhieb sympathisch.
Obwohl auch ich manchmal mit einem dicken Schädel aufwache und eine recht lange Nase besitze, kann ich mir nur unter gewissen Mühen vorstellen, wie es sich wohl anfühlte, mit seiner Nase Dinge ergreifen, Kindern zuwinken oder Getränke zu sich nehmen zu können. Ich stelle anheim, hierüber einmal zu meditieren. Möglicherweise wäre das eine bereichernde Erfahrung. Ob ein zierlicher kleiner Nager sich für einen Elefanten als Reittier eignet, dies zu entscheiden möchte ich lieber den Indern überlassen, die sich auf Elefanten von Geburt aus bestens verstehen.
Elefanten gibt es in grau oder, seltener, in weiß, dann sind sie heilig und man opfert ihnen Pudding und Käsekuchen. Früher gab es ihn auch noch in braun, aber diese Version ist ausgestorben und nur noch tiefgefroren erhältlich. Legendär ist das gute Gedächtnis des Elefanten. Er kann noch nach fünfzig Jahren punktgenau denjenigen Pfleger zerquetschen, der ihm mal dumm gekommen ist. Geschichten hierüber füllen die Presse; wahrscheinlich ist es auch schon auf YouTube.
Obwohl ich das interessant fände, träume ich nie von Elefanten. Mein einziger Traum mit Dickhäuter-Bezug, an den ich mich schaudernd erinnere, berührte mich einst äußerst unangenehm: In meinem kleinen Musik-Zimmer hatte sich einmal in der Ecke neben dem CD-Regal ein massives Breitmaulnashorn eingenistet. Es stank, nahm ungeheuer viel Platz weg und störte den Genuss Brahmscher Streichquartette empfindlich, in dem es mich, Ballen trockenen Heus mampfend, unverwandt anstarrte und dabei ein undurchdringlich ausdrucksloses Buster-Keaton-Gesicht machte.
Der Elefant ist dem Menschen in vielen Dingen überlegen. Ausnahmen: Eiskunstlauf, Klavier und Kartenspiele, bei denen er sich aufgrund seiner sprichwörtlichen Gutgläubigkeit leicht überlisten lässt. Dennoch bleibt er auch in der modernen Informationsgesellschaft bis auf weiteres unverzichtbar, als Glücksbote, gern bestauntes Wundertier und charismatisches Großinsekt. – Wie obige Zeilen beweisen, eignet er sich auch zur Metapher.
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