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Unerhebliches durch die Puppenblume (Doppel-„pf“)

23. August 2011
 
„Schon oft bedachte ich in langer Nacht,


was unser Menschendasein so verdirbt,


und ich erkannte: nicht der Unverstand

ist Wurzel allen Übels – Einsicht fehlt


den meisten nicht, ganz anders liegt der Grund:


Was recht ist, sehen wir und wissen wir


und tun es doch nicht, seis aus Lässigkeit,


seis weil die Lust des Augenblicks das Werk


verdrängt, und mancherlei Verlockung gibts (…)“

 

Euripides, „Der bekränzte Hippolytos“

 

 

Warnhinweis: Der folgende Text enthält, nach dem starken Anfang, nur noch Puppengedanken. Die Lektüre ist Zeitverschwendung! –  Aus der taz, die es wiederum aus der FAZ hat, habe ich folgendes Zitat des Yanomami-Häutlings Davi Kopenawa: „ Ich denke, dass es sehr traurig ist, dass die Weißen ihre Wälder kaputtmachen und sich dann solche kleinen Puppenpflanzen (Topfpflanzen) in die Häuser holen, um damit zu spielen…“ Das gefällt mir, auch wenn ich hier angeprangert werde, als marodierender weißer Wälderkaputtmacher und Puppenblumen-Besitzer. Ich bekenne: Ich besitze einen Ficus benjamina, und ich spiele mit ihm, gieße, besprühe und dünge ihn, schau ihm beim Wachsen zu, putze seine Blätter und kommuniziere mit ihm, allerlei vegetativ non-verbale Ermunterungen aussendend. Bislang wähnte ich mich damit noch nicht auf der Straße der Verworfenheit. Schließlich gibt es böse weiße Männer, die sich zum Spielen sogar  kleine Puppenfrauen in die Häuser holen, dicke Puppenpitbulls oder Puppenwagen von Daimler, was dem Regenwald der Yanomami-Indianer bestimmt mehr an die Nieren geht als meine überwiegend digital-minimale Büro-Existenz.

Andererseits weiß man nie, auf welche Weise man, seis aus Lässigkeit, seis weil die Lust des Augenblicks einen packt, unfreiwillig in Gottes eigentlich vorbildlich ausgefinkelter Natur herumsaut. Zu meinem Wissensschatz, den ich teils Wikipedia, teils dem Fernsehen (flache Puppenstube!) verdanke, gehört seit kurzem der Fakt, dass zur Herstellung eines einzigen T-Shirts angeblich 4000 Liter Wasser verbraucht werden. Zwar weiß ich nicht, wie das genau zugeht, aber es frappiert mich. Statistiken können bei mir existentielle Ängste auslösen! Als Besitzer von ca. 80 identischen schwarzen T-Shirts (da hat man keine Last mit Wäschesortieren oder morgendlicher Kleiderwahlqual) hab ich die weltweiten Wasserreserven schon mal recht ordentlich dezimiert! Ob es im Regenwald überhaupt noch regnet? Hinfahren und nachschauen möchte ich nicht, weil das schon wieder 80%  der Energiereserven verzehrte, die z. B. ein armer Indianer braucht, um der FAZ Interviews zu geben.

Man sollte viel mehr über solche Erheblichkeiten nachdenken, aber stattdessen ertappe ich mich bei einer nichtigen Grübelei darüber, ob „Topfpflanze“ eigentlich das einzige deutsche Wort mit Doppel-„pf“ ist. Auch wenn mich das Wort zunehmend hypnotisiert, ist das natürlich ein Puppengedanke von monströser, ja, menschenverachtender Irrelevanz! Da drängeln sich die Weltprobleme, dass die Lifeticker durchdrehen, und mein doofes Hirn betreibt fruchtlose Nasbohrereien! Zum Glück blühe resp. blogge ich im Verborgenen, aber dennoch, wenn ich zusammenrechne, wie viel Lebenszeit ich meinem elitären Leserkreis allein durch diesen Text gestohlen habe – davon könnte eine erschöpfte Yanomami-Mami einen ganzen Nachmittag ressourcenschonend in der Hängematte liegen. Oder Puppenblumen für den Export züchten. – Trotzdem, mal ehrlich, je länger man das Wort anguckt oder je öfter man es rasch hintereinander ausspricht, um so merkwürdiger wird es, oder? Topfpflanze, Topfpflanze, Topfpflanze…

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Noch nicht gänzlich verworfene Projekte

5. Juni 2011

Keine Panik – ich bin es bloß, der Magister K.

Einen Tag lang in einem überdimensionalen, mindestens 1,90m großen Hühner-Kostüm (an Helfer für den Kopf denken!) durch die Stadt laufen, hyperaktiv mit den Flügeln schlagen und helle, heillose Aufgeregtheit demonstrieren. Passanten über den Sinn der Sache spekulieren lassen (Atom? Gurke? Die da oben, die Banker, die Euro-Spekulanten, das Schweinesystem? Aus Solidarität mit Japan, Spanien, Is- oder Griechenland?), – ansonsten Engagement durch permanentes Gackern unter Beweis stellen. Falls technisch machbar, Mitbürgern gelegentlich sanft auf den Kopf picken.

Die Ausweitung der Grauzone erforschen, medialen Debatten-Krieg gegen das Entweder-Oder anzetteln (FAZ und ZEIT anrufen!). Pamphlet „Für mehr dazwischen!“ gegen die diktatorische Bi-Polarität von Yin und Yang, Amok und Koma, Mann und Weib, AC/DC, brutto und netto usw. entwerfen. Natürlich geht „ein bisschen schwanger“ sehr wohl – halb tot oder fast wahnsinnig geht ja auch! Mit dieser These durch Talkshows tingeln. Auf die Frage, ob das ernst gemeint sei, bedächtig den Kopf wiegen. Vermeiden, Fragen mit Ja oder nein zu beantworten.

Einen aufblasbaren Schwimmgürtel (evtl. rosa Krokodil oder sehr gelbe Ente) kaufen (klären, ob es das in XXXL gibt!), über den eh schon dicken Bauch stülpen, die Straßenbahn besteigen. Empörten Fahrgästen erklären, meine Religion beföhle mir solches, andererseits trüge ich den Gürtel aber auch aus freiem Willen, weil ich mich sonst nicht komplett angezogen fühlte. Zeter und Mordio schreien, falls jemand (Rechtsradikale!) mir die Luft aus der Ente lassen wollte. Flammende Anklage gegen die tägliche Diskriminierung von Dementen und Altersstarrsinnigen formulieren. Ggf. Verband gründen.

Einen Doku-Spielfilm über die ersten 21050 Tage meines Lebens drehen (unbedingt Mäzene finden!), Arbeitstitel: „Trauer, Tragik und Trostlosigkeit des Ego – Die Kirche der Angst vor dem Knall im Kopf“, bei der Biennale in Venedig einreichen. Plagiatsvorwürfe energisch dementieren. Mein Ableben bekannt geben. Nachrufe ausschneiden, sammeln und abheften (delegieren!). Als Buch/Video/DVD herausgeben. Mein Ableben dementieren. Als Untoter durch die Talkshows tingeln, evtl. Interview mit der ZEIT (Giovanni di Lorenzo).

Schon mal geeignete Heime besichtigen. Fragen, ob ich Hühnerkostüm bzw. Schwimmgürtel mitbringen darf. Einen Film (Werner Herzog anfragen!) über meine Zeit im Heim: „Alter und Tod eines Enfant terrible“. Alterswerk planen. Interview in der FAZ (unbedingt Schirrmacher, nicht Bahners!). Mein gesamtes Geld verschenken (BILD: „Sind wir alle dement?“), neues Pamphlet: „Warum ich den Schwimmgürtel trage“.  Im Hühner-Kostüm durch die Talkshows tingeln. Kapitalismus anprangern. „Kirche des wollüstigen Alkoholismus“ gründen. Vielfältige mediale Aktivitäten: CD mit Trinkliedern; Vertrieb von GPS-Spezial-Geräten für Menschen, die aus der Kneipe nicht mehr nach Hause finden; gemeinsame Auftritte mit Joopi Heesters. Eine Oper über Hitler schreiben (für Drehbuch Guido Knopp gewinnen).

Nach der Weltherrschaft greifen. Erste Maßnahmen: den Kapitalismus, Afrika, Dreiviertel-Hosen und deutsche Volksmusik verbieten; übergewichtigen Männern über 60 das Tragen von Schwimmgürteln verordnen; das aufgeregte Huhn ins deutsche Staatswappen aufnehmen (weg mit dem arroganten Adler!), sonst so milde wie möglich regieren.

Endlich mal nachschauen, wohin ich meine Medikamente verbaselt habe.