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Bescheid

9. Juni 2010


Küche im 17. Jahrhundert

AB JETZT WIRD GELESEN, WAS AUF DEN TISCH KOMMT!

Ich denk, ich sag mal Bescheid. Auf der seriösen Kehrseite meines Blogs („denkfixer“) sind drei neue Vorträge als Downloads erhältlich: Sie befassen sich mit der Philosophie des Essens und Trinkens, singen ein freches Lob auf Rauschdrogen und verteidigen das menschliche Recht auf Sinnengenuß ohne Schuldbewußtsein. Die Vorträge heißen im einzelnen:

„Was isst der Mensch? Vorspeise zu einer kleinen Gastrosophie“

„Keine Macht den Drögen – Die Philosophie und das Gespenst der Sucht“

„Der Hedonistische Freispruch – Über Lust, Laster und List des Geniessens“

Ich hab die Texte gelesen, korrigiert, überarbeitet und finde sie immer noch gut.  Wer sie als pdf-Datei herunterladen will, den bitte ich zur Adresse

http://reinhardhaneld.wordpress.com

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Von Bali bis Bullerbü: Wegsein

2. Juli 2009
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Touristische Traumziele: Bahnhof Unter Purkersdorf

WEGSEIN FÜR FORTGESCHRITTENE: DAS GROSSE JA ZUR ALLGEMEINEN LEBENSBLÖDIGKEIT

Schweinegrippe! Wer redet noch von Schweinegrippe? Vorgestern noch Globalalarm, Stufe 6, keiner verlässt den Erdball, ausschwärmende Impfpimpfe, Quarantänemigräne, die Presse hustet Blut, beim Discounter gibt’s palettenweise Wundermittel (von Mundschutz bis Schutzhund), und dann? Nüschte. Weltweit sterben mehr Mensch an Fischvergiftung als an Schweinegrippe. Die erste allein durch Massenmedien übertragbare Infektion nimmt ein epidämliches Ende: Sie verschwindet nicht durch Medizin, sondern gerät einfach in Vergessenheit. Na, meinetwegen. Eine tausendmal schlimmere Pest ist zweifellos sowieso der Massentourismus. Jetzt wieder besonders pandemisch: Alle müssen andauernd irgendwo hin, um da wenigstens dann mal gewesen zu sein. Die Flughäfen auf dem Planeten sind schwarz vom Menschen, die mal Tapetenwechsel brauchen. Übergewichtig, dumm und ungebildet fliegt man weg, um genau so wieder zu kommen; alles was man evtl. mal verliert, ist das Reisegepäck. Unerhört! Wenigstens hamwa Vollkasko! Mit Reiserückschrittsversicherung!

Ich will aber mal heute nicht schimpfen. Es ist so heiß draußen. Als wär man echt total woanders! Gestern in der abendlichen Juli-Rotglut traf ich Luigi, den dicken Kellner vom „Dolce Vita“. „Buona sera, ciao, amigo, come stai?“ parlierte ich drauf los und hatte einen perfekten Auslandsmoment, obwohl ich bloß mal um die Ecke war, hier. Sonnenuntergänge lassen sich auch zuhause vom Balkon aus fotographieren. Was Touristen im Ausland übrigens am meisten hassen, sind ja andere Touristen. Vor allem Landsleute. Landsleute, da kriegt man die Krätze. „Psst! Da hinten am Tisch an der Klotür, das sind Deutsche!“ Ab sofort heißt es „Cameriere, il conto, per favore“ und „Teşekkür ederim“. Vati spricht ja ein paar Bröckchen einheimisch, der King of Snob. Allahu achtbar!

Straighte Schlauberger, denen beim Umdieeckedenken schwindelig wird, beömmeln sich: „Hä, hä! Dabei sind die Touri-Hasser doch selber Touristen!“ Ja, schon klar, ihr Schnellhefter! Das wissen die schon selber auch. Darum geht’s ja nicht. Das Problem ist, daß die anderen Touris einem das kostbare Gefühl vermiesen, ganz weit weg zu sein. Dieses unbezahlbare Weitwegseinsgefühl, diese existentielle Weggeworfenheit und Be-Fremdung, dafür nimmt man doch alles auf sich, die Affenhitze, die Scheißluft, die miesen Klos, den ungenießbaren Fraß und alles! Sonst könnte man sich die Urlaubsfotos doch gleich aus dem Internet runterladen und sich selbst mit Photoshop am Palmenstrand einkopieren. 

Da logiert man in der letzten Tankstelle am Wüstenrand, auf umtosten Meeresklippen oder bei Tibets exklusiven Geheimmönchen auf der Meditationsterrasse, und dann beschweren sich am Nebentisch Leute aus Wesel, Oberursel oder Geilenkirchen über die Bierpreise. Rumms, fällt man vom fliegenden Teppich esoterischer Exotik auf den harten Bretterboden der Trivialität. It’s the reality, stupid! Man hat den weiten Weg gemacht, ganz von Bullerbü über Bali nach Brahmipur, um das Fremdeln zu lernen, und dann stampft da der Typ an deinen Lotussitz und sagt: „Jestatten, Konopke, ick hab jehört, Sie sinn ooch Deutscher, könnse mir vielleicht sagen, wat auf Kaschmierisch heißt ‚In unseret Ssimmer jeht die Klospülung wieda nich’?“ –  Wer will denn so was? Das stört doch!

Für Leute, die dringend auf das Wegseingefühl angewiesen sind, periodisch, weil sie sonst panisch-depressiv werden, habe ich einen guten Rat; ich befolge ihn selber seit Jahren, denn er ist ganz einfach: Reist einfach dort hin, wo keine Sau freiwillig hinwill! Man bevorzuge also Plattenbau-Vororte, Industriebrachen, Schlafstädte, man wohne in aufgelassenen Tankstellen, über Hinterhöfen, hinter den Müllcontainern. Man meide strikt jegliche Sehenswürdigkeit, alle spirituellen Kraftorte (Santiago de Compostela, Lourdes, Kevelar), sowie sämtliche einschlägigen Gebäudeantiquitäten und Landschaftsherrlichkeiten sowieso. Ignoriert mit Fleiß die Schilder der Touristinformation, taucht tief unter die Einheimischen, nehmt ihre Farbe an, trinkt selbstgebrannten Schnaps mit ihnen, genießt die derbe, aber reichhaltige Kost der Waldarbeiter, Heizungsmonteure und Fahrdienstleiter, sowie generell den unverstellten Charme tristester Normalität, des Spröden und Öden, freut euch am eleganten Steingrau betonierter Banalbauten, zieht den Duft von Diesel und Machorka ein, ah, herrlich, riecht mal! Die verqualmten Kneipen der Eingeborenen bieten Geborgenheit im Unbehausten, die Hiesigen reden in Zungen und Dialekten, bei denen auch der polyglotteste Linguist passen muß, Güterzüge donnern von Ahaus nach Beheim, es beginnt zu regnen – es fehlt nicht mehr viel, und man kriegt mördermauliges Heimweh! Dermaßen weit weg fühlt man sich!

Vorteile dieses gewissermaßen antizyklische Reiseverhaltens: 1. Kaum andere Touris. 2. Das Leben ist billig. 3. Man fragt sich relativ bald, was das Gereise eigentlich soll, weil das Dasein woanders genauso trivial und unspektakulär ist wie zuhause. Schon ist man wieder klar im Kopf, ruht in sich selbst und findet am Ende auch das große Einverständnis wieder, mit der allobwaltenden Lebensblödigkeit und Existenztristesse. Was will man denn mehr? Mehr gibt es ja gar nicht.

Um mal ein Beispiel zu geben (ist ja kein Geheimtipp): Man steigt, vom Wiener Westbahnhof kommend, im Vorort Hütteldorf in die Bahn (z. B. die S50) Richtung St. Pölten, steigt aber dann in Purkersdorf-Sanatorium, Unter Purkersdorf oder Purkersdorf-Gablitz schon wieder aus; von Ober Purzelbaum geht’s dann mit einem Rad oder gut zu Fuß an der Wienentlang über den Bahndamm in den Wienerwald hinein, bis man vor der „Alten Linde“ steht. Das ist so ein Beisl. Was ein Beisl ist, könnt ihr entweder mal googeln oder euch da angucken. Herinnen verbringen die indigenen Purkerer ihren verdienten, durchaus lautstark feucht-fröhlichen Feierabend. Das Idiom der Wienerwäldner ist rau, aber herzlich, Zum Verstehen ist es leider für Außenstehende und Durchreisende nicht. Zum essen gibt’s aber, und zwar was hier überall auf den Tisch kommt: Blunzngröstl, Wienerschnitzel, Kalbsbuttterschnitzel und Gulasch, Sattmacher mit Sättigungsbeilage, Riesenportionen für Berserker, danach kann man wieder in den Wienerwald, Bäume mit der bloßen Hand fällen. Hier sind die Kalorien noch ihr Geld brennwert, und nix mit „light“! Leicht ist lediglich der fruchtig-schlichte Grüne Veltliner, trocken wie ein linker Haken, und äußerst preiswert. Wie überhaupt alles. Hier kann man sorglos den Abend versacken, bis man dahindämmert; es wird nicht die Welt kosten. Wir habens ausprobiert, weil draußen ein mehrtägiger Platzregen stattfand, der uns an Tisch und Stuhl fesselte. Wir waren dann irgendwann auch mal weg. Ganz weit weg.

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Prassen in Purkersdorf: Einheimisches Riesenschnitzel (0,25 Quadratmeter)

Gefälschte Kriminelle (Meine Frau heißt nicht Mutti!)

9. Mai 2009
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PhotoShop machts möglich: Porträt Kraskas (digital überarbeitet)

DIE WELT IST EIN FAKE, LEUTE! („YO, BROTHER!“)

Eine Frage, die ich ruhig einmal zur gefälligen Beantwortung in den Raum stellen möchte, ist, ob man seiner Gattin zum Muttertag Blumen schenken sollte. Es gibt ja Ehemänner, die ihre Frauen ganz ungeniert „Mutti“ nennen. (Mein Schwiegervater, der allerdings besonders stoffelig und ungalant agiert, sagt zu seiner zwei Jahre älteren Gattin sogar „Oma“!) Konzediere ich also mit einem Blumenstrauß zum morgigen Muttertag, daß unsere knisternd funkensprühende Beziehung nunmehr leider endgültig in ein ödipal ausgebaggertes Mutti-Sohnemann-Fahrwasser einläuft? Das wäre ja schlimm! Außerdem ist meine Frau um Jahre jünger als ich, da kann sie gar nicht meine Mutter sein! 

Noch besser in dieser Hinsicht hat es der sauerländische SPD-Kapitän Franz Müntefering (69), denn seine neue, junge, hübsche Frau ist, wie die Presse mir breitwandig auf den Frühstückstisch tratscht (und natürlich lese ich Trottel das auch noch!), erst 29 Jahre alt. Was sind schon 40 Jahre Unterschied! Ich glaube, Joschka Fischers aus Afghanistan stammende 14. Ehefrau ist auch erst 11 oder 12, – na und?

Macht, so tutet es aus der Klischee-Fabrik der Presse-Lümmel, Macht mache eben „sexy“. Echt? Ist das so? Dann leide ich wohl an einer Linseneintrübung auf meinem Sexuelle-Attraktivitäts-Wahrnehmungsauge. Es mag ein Minderheitengeschmack sein, der in mir herumspukt, aber ich würde die meisten Machthaber kaltlächelnd „von der Bettkante schubsen“, wie man so sagt. Ich finde beispielsweise Herrn Wladimir Putin nicht sexy, sondern abstoßend; Herrn Erdoğan würd ich nicht heiraten, nicht mal, wenn er ein Kopftuch trüge; der Mann zwischen den beiden Ohren von Prinz Charles macht mich auch nicht an (obwohl ich seiner Frau „Mom“ ein bißchen ähnlich sehe) und „sexy“ wäre leider nicht unter den hundert ersten Adjektiven, die mir zu Franz Müntefering einfielen. –

Aber, ich sei, so wendet man ein, doch ohnehin keine Frau? Nun, darauf könnte ich jetzt schnöde mit einem Film-Zitat antworten, etwa dem letzten Dialogsatz aus „Manche mögens heiß“, wo Jack Lemon seinem verliebten Multimilliardär am Ende gesteht, gar keine Frau zu sein und der nur lächelnd die Schultern zuckt und sagt: „So what? Nobody is perfect“. – Nun, heute sind wir allerdings einen Schritt weiter: Was nicht vollkommen ist, wird eben perfekt gemacht! Zum Beispiel mit PhotoShop.

Angenommen, ich wollte aufs Titelblatt einer Fernsehzeitschrift. Ich schickte einfach ein Foto von dem struppigen, triefäugigen, unrasierten alten Sack, der ich leider bin, und zwar, tunlichst, „zu Händen der Abteilung Bildbearbeitung“. Dort sitzen blutjunge Nerd-Genies und Retuschevirtuosen, die mich mit einer Serie blitzschneller Maus-Operationen per Adobe PhotoShop-Programm medienästhetisch umarbeiten. Das Haar wird verlängert und gelockt sowie neu eingefärbt – weg mit den grauen Schläfen! Die Augen werden aufgearbeitet und dramatisiert und bekommen statt des 08/15-Dackelbrauns einen geheimnisvoll irisierenden Smaragd-Ton. Das gesamte Gesicht muß natürlich komplett neu, das geht so gar nicht! Eine solche Fresse, die sieht ja aus wie schon mal gelebt! Das ist doch nicht fabrikneu! Also flugs ein digitales Total-MakeUp: Jugendfrischer Teint, die Lippen kriegen Bluttransfusion, die Nase wird eingekürzt und schmal gestellt, das Doppelkinn wird mit digitalen Abnähern beseitigt und zu einem formidablen Decolletée umgearbeitet, das durch zwei blusensprengende Brüste aus dem Ordner „Möpse-Bibliothek“ (unter „Größe DD“ abgelegt) mehr als abgerundet wird. Der Abteilungsleiter geht zum Schluß noch mal „kurz drüber“, setzt ein paar Reflexe, Schattierungen und Spezialeffekte – und fertig bin ich als süße sexy Brünette, die aussieht wie die legendäre Essener Edelnutte Ilona, die ich mal verehrte!

Heute ist nämlich, und es sei jedem unbenommen, diese Behauptung als missgelaunte Kulturkritik mißzuverstehen, nahezu alles fake. Ich bin sonst kein Freund immer neuer Anglizismen, aber fake trifft es: Gefinkeltes, Angetäuschtes, Künstliches, Unechtes, Talmi, im Oberfränkischen auch schlicht: „a Scheißdreck, a depperter“! Wo man hinguckt, überarbeitete Kopien, manchmal auch ohne Original. „Naturidentische Aromastoffe“ aus der Hexenküche der Lebensmittel-Techniker verseuchen unser Essen, Intellektuellen-Imitatoren unser Kulturleben, und regiert werden wir von angeheiterten Phrasen-Robotern, die nicht viel tun, weil sie sich ja für ihre verdammt blutjungen Dinger fit halten müssen! So läufts doch! Und selbst ich verkleide mich auch noch digital als Edelnutte Ilona oder als Frau Nicole Kidman, bloß um auf ein Titelbild zu kommen!

Wer einen Intensiv-Kurs in fake-Kultur benötigt, soll mal bei Viva reingucken. Ich unternahm  dies heute vor Sonnenaufgang und begann daher den Tag frühzeitig mit einem herzhaften Lachen! Für meine gewiß zahlreichen LeserInnen im deutschsprachigen Ausland und den benachbarten Steueroasen muß ich kurz etwas ausholen: Wir haben hier bei uns so einen peinigend unbegabten, nervigen, aber häufig auf der Mattscheibe präsenten Schauspieler namens Uwe Ochsenknecht. Das ist dieser eine blonde Typ mit dem Karpfen-Flunsch und den badkachelblauen Basedow-Augen, der seine beiden Söhne aus karriere-strategischen Gründen  Jimmy Blue, Wilson Gonzales und seine Tochter Cheyenne Savannah genannt hat. Nun ja, wenn halt Proll- und Knallchargen-Geschmack zusammenkommen. Übrigens, in der populären Filmkomödie „Keinohrhasen“ sagt im Kindergarten eine Göre namens „Cheyenne“ zu einem erwachsenen Besucher, der sich ob dieses Namens doch ein wenig verstört zeigt: „Meine Mutter ist Schauspielerin, da dürfen die Kinder nicht normal heißen“. Hihi, gut gegeben! Gut übrigens auch, wie der Dialog weitergeht: Auf die Frage: „Ist denn dein Vater auch Schauspieler?“ versetzt die kesse kleine Cheyenne, von der Mutter gut informiert: „Nein, der ist ein Arschloch.“ Damit sind wir wieder beim Thema Ochsenknecht, Jimmy Blue Ochsenknecht in diesem Fall. Wie sein Bruder Wilson Gonzales (Ha! Prust! Es ist einfach zu schön!) ist er seit Kindesbeinen in den Fußstapfen seines berühmten Vaters unterwegs und schauspielerte in Kinderfilmen, bis er pubertätshalber dafür zu alt wurde. Nun tritt er, weil Medienbekanntheit Kapital ist, mit dem man wuchern sollte, als „Musiker“ auf, wie sein Bruder auch, und zwar.

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Jimmy Blue, Bruder von Wilson Gonzales und Cheyenne Savannah Ochsenknecht

Mein subjektiver Ein… – Was? Wie? Und zwar was? Ach so… – und zwar als „Rapper“. Aber dazu komme ich noch. Zunächst: Meinem natürlich ganz subjektiven Eindruck nach hat Jimmy Blue Ochsenknecht vom Vater nicht nur Namen und Begabungsmangel geerbt, sondern auch mit seinen 17, 18 Jahren ein unfaßbar einfältiges, eitel selbstgefälliges Backpfeifengesicht (siehe Foto!). Ein Backpfeifengesicht ist, falls man das im Österreichischen nicht kennt, ein Gesicht, das dazu einlädt, oder auch danach schreit, mal links und rechts eine reingesemmelt zu bekommen, ein Schrei nach Hieben, den in diesem Falle selbst Gewaltlosigkeitsfreunde wie ich gut vernehmen können.

Dieser Jungspund „rappt“ nun also, was soll man auch machen als Reiche-Leute-Kid mit „qualifiziertem Hauptschulabschluß“, oder er bewegt jedenfalls den Mund zum Gesang von jemandem, der das kann, dies bleibt im Video unentscheidbar. Für das Musik-Video nun hat man den gepflegten Waldorf-Schüler (!), der grund-behütet, begütert und rund-betütert in Grünwald, einer der schweinereichst-exklusivsten Villen-Gegenden Münchens unter lauter gleichgestellten Schickimicki-Idioten aufwuchs, in so ein „original“ Gangsta-Rap-Outfit gesteckt, inklusive Kapuzen-Seidenbluson, Baseballcap, Hängehosen und Blinkblink-Goldkette, und dann tigert bzw. stiefelt (im unsäglichen Video) dieser streetgang-mäßig ausstaffierte Kleinkriminellendarsteller auch noch in so ’nem antrainierten schwarz-schwuchteligen Hampelgang durch ein Ghetto, als wäre er mindestens 50 Cent oder Snoop Doggy Dog, flankiert von vier, fünf harten, gemischtrassig-farbigen Background-Kriminellen, ahmt diese spastischen HipHopper-Moves nach und macht also einen auf sozialkritischen Gangster (Gangsta)! Deutsche Gangsta-Rapper mit Migrationshintergrund wie BushidoSido oder Massiv sind ja schon abgeschmackteste, abgefuckteste fake-Kriminelle, aber Freund Jimmy Blue ist davon noch der fünfte oder sechste Aufguß! Es ist zum Schreien! Volle 100% fake! und soviel angesammelte Anschleimerei, Kommerz-Wichse, Präpotenz und Anmaßung, daß es für die Jahreshauptversammlung der Verkäufer einer Gebrauchtwagen-Kette reichte! Das wird den Vater-Deppen Uwe aber stolz machen! Mein Sohn, ein echter Straßenkrimineller! Super! – Tja schade, meine Kinder heißen Hans und Else, da kann ich solche shooting-star-Karrieren wohl knicken.

Ausnahmsweise habe ich Jimmi Blue etwas gewünscht. Einen Auslandsaufenthalt. Ich kenne zufällig ganz gut ein paar Viertel in Southside Chikago, wo der kleine weiße Arsch, das nachgemachte Armani-Ghetto-Kid, spontan viele Mit-Rapper finden wird. Und Freunde fürs Leben. Dieses freilich, steht zu befürchten, wird dort kurz sein. Yo, Brother!