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Die Reise nach Paderborn (I)

6. August 2013
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Der Erzbischof mit einem Grand Flush (Foto: nw-news.de)

Da hatten wir das Malheur: Stickum wuselnde Unrastratten hatten meinen festen Vorsatz zernagt, nie wieder im Leben eine Reise, eine Ausfahrt oder Pilgertour zu unternehmen, jedenfalls nicht in der heißen, stickigen, hirnverbrannten Realität. Pah, Vorsatz! Nur noch Brösel übrig. „In Gottes Namen, Frau“, stöhnte ich, „mir geht das enuyierende Gezeter der Islamerer hier auf den Nerv, ich muss kontrasthalber und als Remedium mal etwas derb-katholischen Bauernschweiß schnuppern!“ So ward der Plan geboren, eine Fahrt nach Paderborn zu wagen, ins Herz der Finsternis, wo Ministrant und Monsignore sich herzensfroh Gute Nacht sagen und außerdem derzeit eine „epochale Ausstellung“ (FAZ) zur Christianisierung Europas („Credo“) lockt bzw. auf gläubige Kundschaft lauert.

Von unserer Seniorenresidenz aus ist Paderborn weit weg, fast wie Afrika. Man muss ganz nach Westfalen hin, über Westostwestfalen, Südostwestfalen und dann noch ganz durch nach Nordostwestfalen. Es zieht sich. Um Reiseunterhaltung bemüht, zog ich die Gattin in ein Gespräch: „Sag, hast du früher eigentlich…geschnörkelt?“ Sie ist nicht prüde, zog aber  vorsichtshalber ein Indignationsgesicht. „Ich meine, so beim Telefonieren oder im Unterricht?“ setzte ich nach, „hast du da auch so Schnörkel gekritzelt? Spiralen? Sterne? Blumenranken? Herzchen? Keine Fangfrage jetzt, ehrlich!“ – „Schon…“, gab sie schließlich gedehnt zu, „…Herzchen aber nicht!“ – „Und teilst du meinen Eindruck, dass die Kulturtechnik des Schnörkelns im Untergang begriffen ist?“ Sie teilte. – „Ich habe eine Theorie, weshalb!“ verkündete ich. „Klar, wegen der Kabel“, kam sie mir zuvor, „die waren immer so spiralig verknotet und zwangen einen, am Resopalküchentisch zu sitzen beim Telefonat, und während Mutti erzählte, hatte man eine beschäftigungslose Hand, die sich langweilte und kritzelte. Bzw. dann eben schnörkelte...“ So ist es! Mobile kills the Schnörkel-Art! Man stellte im weiteren fest, dass die Kunst des sinnfreien Schnörkelns mittlerweile immerhin noch in den Händen von Spezialisten bewahrt wird, der Tatoo-Studio-Mogule nämlich, die in letzter Zeit vollschlanke Damen und anabolische Herren dermaßen methodisch und buchstäblich flächendeckend mit Ranken, Sternen, Runen und Rauten vollschnörkeln, dass es aussieht, als hätte der Schöpfer bei der Herstellung der menschlichen Schmierzettel eine Menge zu telefonieren gehabt.

Solchermaßen in kulturell wertvolle Plaudereien vertieft, näherten wir uns dem Weichbild der erzbischöflichen Residenz, was man umso erstaunlicher finden darf, als ich eigentlich gar nicht weiß, was ein Weichbild genau ist. „Früher war es kein Makel, etwas nicht zu wissen“, bemerkte die telepathische Gattin dazu, „heute heißt das nur, man ist zu faul zum googeln.“ – „Apropos! Hast du mal gegoogelt, wieviel Dome es in Paderborn gibt?“ – „Wieso?“ – „Weil wir schon zum fünften Mal an einem vorbeifahren!“ – Es handelte sich bei näherem Hinsehen allerdings immer um den selben, wofür es einen einleuchtenden Grund gab: Paderborn ist eine Stadt ohne freie Parkplätze. Ich meine, ich habe viele schlimme Dinge gesehen im Leben, ich war in verfluchten, verwahrlosten und komplett heillosen Metropolen wie Köln und Düsseldorf, wo die Leute aus purer Verzweiflung vor der grünen Ampel in der zweiten Reihe parken, aber das war nichts gegen Paderborn. Fortwährend kam es zu blutigen Massenkarambolagen, weil dreizehn, vierzehn, ja fünfzehn Limousinen zugleich in eine Lücke rammten. Verdammt, verdammt! „Und der feine Herr Erzbischof hockt derweil schön im eisgekühlten Diözesanpalast und spielt Poker mit seinem Chauffeur!“ stieß die Gattin, deren Vorstellungswelt gelegentlich windungsreich und voller Überraschungen ist, hervor. „Oder er telefoniert auf seinem goldenen Fernsprecher mit dem Papst, auf Latein!“ – „Und kritzelt dabei Schnörkel!“„Was Erzbischöfe wohl so schnörkeln?“„Natürlich Kreuze“, schlug ich vor, „mit so perspektivisch schrägen Kantendingern, damit sie dreidimensional wirken…“ – „Wenn er gut ist, malt der vielleicht Gésulini…“ spann die Gattin versonnen ihr Garn. „Wie? Nudeln?“ – „Nee, so kleine Jesusse…“ Jesusse! Die Hitze und die Parknot begannen uns zu schaffen zu machen…

Noch etwas später stieg die Gattin urplötzlich fast selbstmörderisch heftig in die Bremsen, um eine verirrte Paderborner Oma über die Straße zu lassen. Ich wischte mir das Blut von der Stirn und fragte: „Manno! Solln das?“„Meine gute Tat für heute“, hieß es da stoisch, „vielleicht dass…“ –„Das ist jetzt nicht dein Ernst, oder? Du glaubst, Gott jobt als Parkplatzwächter in Paderborn?!“ Die Gattin schenkte mir ein agnostisches Achselzucken und murmelte: “Was wissen wir schon….“ Ich beschloss, meinen Vortrag über Blasphemie stecken zu lassen – mit Ehepartnern über Glaubensfragen zu streiten, gilt zu Recht als untunlich, also lenkte ich ein: „Na gut, EINE Chance soll er haben!“ In der nächsten Stunde hatte ich Muße, darüber zu meditieren, was der Erzbischof zu Ostern gesagt hatte, nämlich der menschliche Geist möge hübsch aufpassen, dass er nicht aufgehe in sich selbst: in der Orientierung am Konsum, der Fixierung auf das Eigentum, dem Versinken in Banalität“

Und wir waren an letzterem schon verdammt nah dran… 

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Gott unter Strom. Die neuen Energie-Experten

30. März 2011

Schwer unter Strom: Gott (catholic version)

Mit Gruß an cbx (Gutes Blog!)

Obwohl ich weißgott Besseres zu tun hätte, lese ich verdammter Suchtkrüppel noch immer Nachrichten und komme prompt aus dem Staunen wieder nicht heraus. Die Bundesregierung (oder wer auch immer) hat eine „Neue Energie-Kommission“ gebildet. Fein! Kann ja nicht falsch sein, wenn sich jetzt in der verfahrenen Lage mal Fachleute zusammensetzen, denke ich. In dem vierzehnköpfigen Gremium sitzen, wie ich leider ferner erfahre, bloß irgendwelche ausgesteuerten Ex-Minister, ein paar (mit Sicherheit, ich kenne diese Zunft!) extraordinär weltfremde Philosophie-Professoren sowie ein paar dubiose Konzern-Heinis, zur Sicherheit dann aber noch … Ulrich Fischer, Landesbischof der Badischen Landeskirche, Alois Glück, Vorsitzender des Zentralkomitees der deutschen Katholiken und Reinhard Kardinal Marx, Erzbischof von München und Freising.

Mit anderen Worten, und wenn ich das richtig verstehe – und die Universitätsphilosophie-Hansel jetzt mal wider besseres Wissen als „Wissenschaftler“ durchgehen lasse –, bestehen immerhin satte 20% der Kommission aus naturwissenschaftlich bzw. energiepolitisch absolut unqualifizierten Quatschblasen, Aberglaubenshirten und Hirnschwurbel-Propheten,  kurz: komplett und blickdicht unterbelichtetem Theologen-Gelichter und Klerikalfunktionären. Für Ungläubige unglaublich. „Fasse es, wer es fassen kann“ (Jesus von Nazareth). Mich wundert, dass der Islamrat nicht schon wieder loszetert, weil kein sublim-muslimer Quatschprediger und Orientalobskurantist mit in der Runde sitzt. Ich kenne da übrigens auch einen meschuggenen Rabbi, der vor Erleuchtung nur so strahlt, ohne viel Energie zu verbrauchen. Ob der dann nicht auch…

Aber im Ernst, Leute: Geht’s noch? Wofür sind diese Betbrüder ernannt? Um die Sessel warm zu halten? Sollen sie für die Bundesregierung die Erschließung neuer Energiequellen („Es werde Licht!“) aus dem übersinnlichen Bereich erkunden? Oder koordinieren sie schon mal die Notfallseelsorge, falls mit der „Brückentechnologie“ doch was schief gehen sollte?

Sitzen in der UNO-Kommission für globale Bewässerungswirtschaft (falls es so etwas gibt) eigentlich auch Experten für Regentanz? Oder Botaniker (wegen der Erdbeerensicherheit)? Haben Erz-Bischöfe irgendein Geheimwissen über verborgene Rohstoffe? Soll die heiße Luft, die sie predigen, die Windenergie beflügeln? Ich meine, dass Berufspolitiker keine Ahnung haben, sondern auf Fachreferenten angewiesen sind, ist halt eine hinzunehmende Begleiterscheinung der parlamentarischen Demokratie. Aber müssen wir deshalb die Inkompetenzcenter jetzt zusätzlich auch noch mutwillig mit Leuten bestücken, die von nichts Ahnung haben außer von „Gott“, von dem sie aber naturgemäß auch nichts Genaues wissen? Oder, vielleicht viel einfacher und ökonomischer gefragt: Wozu ist diese „Neue Energie-Kommission“ eigentlich da?