Posted tagged ‘Ego’

Noch nicht gänzlich verworfene Projekte

5. Juni 2011

Keine Panik – ich bin es bloß, der Magister K.

Einen Tag lang in einem überdimensionalen, mindestens 1,90m großen Hühner-Kostüm (an Helfer für den Kopf denken!) durch die Stadt laufen, hyperaktiv mit den Flügeln schlagen und helle, heillose Aufgeregtheit demonstrieren. Passanten über den Sinn der Sache spekulieren lassen (Atom? Gurke? Die da oben, die Banker, die Euro-Spekulanten, das Schweinesystem? Aus Solidarität mit Japan, Spanien, Is- oder Griechenland?), – ansonsten Engagement durch permanentes Gackern unter Beweis stellen. Falls technisch machbar, Mitbürgern gelegentlich sanft auf den Kopf picken.

Die Ausweitung der Grauzone erforschen, medialen Debatten-Krieg gegen das Entweder-Oder anzetteln (FAZ und ZEIT anrufen!). Pamphlet „Für mehr dazwischen!“ gegen die diktatorische Bi-Polarität von Yin und Yang, Amok und Koma, Mann und Weib, AC/DC, brutto und netto usw. entwerfen. Natürlich geht „ein bisschen schwanger“ sehr wohl – halb tot oder fast wahnsinnig geht ja auch! Mit dieser These durch Talkshows tingeln. Auf die Frage, ob das ernst gemeint sei, bedächtig den Kopf wiegen. Vermeiden, Fragen mit Ja oder nein zu beantworten.

Einen aufblasbaren Schwimmgürtel (evtl. rosa Krokodil oder sehr gelbe Ente) kaufen (klären, ob es das in XXXL gibt!), über den eh schon dicken Bauch stülpen, die Straßenbahn besteigen. Empörten Fahrgästen erklären, meine Religion beföhle mir solches, andererseits trüge ich den Gürtel aber auch aus freiem Willen, weil ich mich sonst nicht komplett angezogen fühlte. Zeter und Mordio schreien, falls jemand (Rechtsradikale!) mir die Luft aus der Ente lassen wollte. Flammende Anklage gegen die tägliche Diskriminierung von Dementen und Altersstarrsinnigen formulieren. Ggf. Verband gründen.

Einen Doku-Spielfilm über die ersten 21050 Tage meines Lebens drehen (unbedingt Mäzene finden!), Arbeitstitel: „Trauer, Tragik und Trostlosigkeit des Ego – Die Kirche der Angst vor dem Knall im Kopf“, bei der Biennale in Venedig einreichen. Plagiatsvorwürfe energisch dementieren. Mein Ableben bekannt geben. Nachrufe ausschneiden, sammeln und abheften (delegieren!). Als Buch/Video/DVD herausgeben. Mein Ableben dementieren. Als Untoter durch die Talkshows tingeln, evtl. Interview mit der ZEIT (Giovanni di Lorenzo).

Schon mal geeignete Heime besichtigen. Fragen, ob ich Hühnerkostüm bzw. Schwimmgürtel mitbringen darf. Einen Film (Werner Herzog anfragen!) über meine Zeit im Heim: „Alter und Tod eines Enfant terrible“. Alterswerk planen. Interview in der FAZ (unbedingt Schirrmacher, nicht Bahners!). Mein gesamtes Geld verschenken (BILD: „Sind wir alle dement?“), neues Pamphlet: „Warum ich den Schwimmgürtel trage“.  Im Hühner-Kostüm durch die Talkshows tingeln. Kapitalismus anprangern. „Kirche des wollüstigen Alkoholismus“ gründen. Vielfältige mediale Aktivitäten: CD mit Trinkliedern; Vertrieb von GPS-Spezial-Geräten für Menschen, die aus der Kneipe nicht mehr nach Hause finden; gemeinsame Auftritte mit Joopi Heesters. Eine Oper über Hitler schreiben (für Drehbuch Guido Knopp gewinnen).

Nach der Weltherrschaft greifen. Erste Maßnahmen: den Kapitalismus, Afrika, Dreiviertel-Hosen und deutsche Volksmusik verbieten; übergewichtigen Männern über 60 das Tragen von Schwimmgürteln verordnen; das aufgeregte Huhn ins deutsche Staatswappen aufnehmen (weg mit dem arroganten Adler!), sonst so milde wie möglich regieren.

Endlich mal nachschauen, wohin ich meine Medikamente verbaselt habe.

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Selbstbeweihräucherung, sozialverträglich

11. Februar 2010

Fürs Ego unerläßlich: Weihrauch

Eine der wenigen befriedigenden, zicken-freien Zwischenmensch-Beziehungen, die nicht in Kummer-Blues und fies verdüsterter Seelen-Verkaterung zu enden drohen: Selbstverknalltheit! Ich empfehle das! Mit sich selbst hat man totsicher eine lebenslange Affäre. Gut, zwar hab ich mich auch schon mal selbst betrogen, aber – bislang bin ich jedesmal reumütig zu mir zurückgekehrt! Mit mir raufe ich mich immer wieder zusammen, denn ich bin ja ein Typ, mit dem man Pferde stehlen kann! Ich (297) bin dufte, knorke & hip: außerdem Nichtr., schlk., tol.,  unkomplz., sportl., humorv. und Akadem.!

Mich mag ich nicht nur um meines Körpers willen, und auch nicht bloß des Geldes wegen! Ich find mich einfach supergut, hach! – „so, wie ich bin“! Um es rundheraus zu sagen: Ich bin wohl im Grunde meine große Liebe! Die Liebe meines Lebens! Keiner versteht mich so gut, keiner kennt meine verborgenen Qualitäten besser und keiner weiß, wie witzig, klug, na ja, seien wir ehrlich: im Grunde genial ich eigentlich bin – niemand leider, außer mir selbst! Nee, ich glaube, jetzt mal im Ernst, ich bin schon ein klasse Typ! Ein Unikat, ein Schnäppchen, ein Sahneteil…

„…Na“, denkt das Publikum allmählich stark verschnupft, „da ist aber mal einer schwer auf dem Selbstbeweihräucherungstrip! Was für ein eminent unerträglicher Blödmann! Das ist ja nicht auszuhalten!“ Tatsächlich nerven ja Zeitgenossen, die unentwegt von sich selber sprechen und einem erzählen, was für unfassbar aufregende Ausnahmeerscheinungen sie darstellen, immens, oder? Sie wirken immer so beklemmend bedürftig, diese Leute, die einem andauernd aggressiv ihr leeres Mützchen entgegenstrecken, damit man ihnen lauter pure Anerkennung oder atemlose Bewunderung hineintut; Anerkennungsbettler berühren unangenehm, schon weil man – unverdientermaßen auch nicht gerade in Ruhm und allgemeinem Applaus gebadet! – selbst gern mal das eigene Ego in der Sonne spazieren führen würde.

Ich persönlich praktiziere eine Form von Selbstbeweihräucherung, die ich für weitgehend sozialverträglich halte; Besucher schnuppern zwar manchmal ein wenig nervös in meinem sorgfältig stilisierten Privat-Ambiente meiner Teilzeitmönchsklause herum und meinen, gewisse Spurenelemente von Eso-Qualm, Hippietum und Baghwan-Zauber zu erschnüffeln, aber als pensionierter Ex-Punk-Rocker der härtesten Sorte bin ich hippiesk spinnerter Verweichlichungen unverdächtig; und dem vorbeischneienden Kriminalhauptkomissar-Schnüffler erkläre ich milde: Oooh, nein! Diese kristallinen Bröckchen sind weder Crack noch Crystal Meth! – es handelt sich bei diesen exotisch-berauschenden Odeurs lediglich um strunz-legalen … – Weihrauch, und den brauche ich, wenn ich meditiere und meine Übungen mit Schwert, Bogen, Zwille, Dolch oder Teebeutel absolviere. Ich bin bekanntlich Hobby-Asiate! Weihrauch reinigt, stärkt, bügelt und faltet das vom Alltag geschundene Ego wieder auf Kante, es verleiht Ruhe und Gelassenheit, stärkt die spirituellen Kräfte (Ki, Chi, Qui oder wie), und zwar  gerade an Tagen, an denen einem mal wieder alles tierisch auf den Sack geht!

Weihrauch kennt, verehrt und benutzt man seit der ur-ersten Alt-Antike. Seit Duft, zeitlos, erhaben und fremdartig, erinnert dich daran, daß du weder der erste noch der letzte Mensch bist. Weihrauch ist, was schon Jehova als Deo benutzte oder auch Buddha und seine Leute, und so weiter. Weihrauch verhält sich ein bißchen zu Gott, wie Veilchen-Parfum zu meiner Oma: Die ihn trugen, sind schon lange tot, aber ein Hauch ist in den Zimmern geblieben, in denen sie dereinst gewohnt haben sollen…

Wenn man nicht gerade das Jesus-Kindlein im Stall zu Bethlehem ist und daher Weihrauch, Myrrhe & Co. vom Lieferdienst der DREI Hl. KÖNIGE nicht frei Haus geliefert bekommt, erhebt sich die Frage: Wo krieg ich denn dieses überaus kostbare Zeugs (das getrocknete Harz des Weihrauchbaums Boswellia) her? Ich bin doch nicht katholisch, außerdem fast nie in Somalia, in Oman, oder gar in Indien? Und kann man das überhaupt bezahlen? Ja, kann man, und dank Globalisierung und Internet bekommt man – was früher Glücksache war und der Job jahrelang unterwegs seiender Kamelkarawanen! – , heute innert drei Tagen  cool geliefert, zuverlässig, aromaschutzverpackt, preiswert und in reichhaltiger Auswahl!

Wer spirituelle Aufrüstung gern durch die Nase zieht, dem empfehle ich, den liberianischen Koks-Dealer mal für eine Weile zu meiden und dafür die legale, seriöse, zuverlässige Firma „Anandam“ zu nutzen. – Auch für atheistsche Historiker geeignet: Wenn ihr mal wissen wollt, wie es in Nomadenvater Moses’ Ziegenfellzelt roch, auf Noahs Arche, oder bei Familie Gautama-Buddha daheim: Anandam hat für euch die passenden Räucherwerke. Gönnt euch das! Legt eine Platte auf, von Leonard Cohen, Nusrat Fateh Ali Khan oder mit Bollywood-Schlagern, lasst euch selbst beweihräuchern und träumt von großen Dingen! Badet den Orient! Schaumbad für die Seele: Weihrauch!

Tao des schönen Sterbens

23. April 2009
christoph-schlingensief21

Christoph Schlingensief, öffentlich krank

ES MAG VERSTÄNDICH SEIN, ABER IST ES AUCH … SCHÖN?

Heikles Thema heute! Vorab: Ich mag Christoph Schlingensief. Der sympathische Wirrkopf mit dem adrett verwuschelten Schopf und den blanken, lebensvollen Augen, der seine Karriere als Aufnahmeleiter bei der „Lindenstraße“ begann, hatte immer eine so charmante Art, einem auf dem Senkel zu gehen! Auch für den größten Quatsch („Deutsches Kettensägen Massaker“, „Tötet Helmut Kohl“) konnte man ihm nicht böse sein, weil sein ganzes vorlautes theatralisches Getue, Gewürge und Gefrickel immer mal wieder auch überraschend Sinn machte. Außerdem ist er Oberhausener, also praktisch ein Junge aus der Nachbarschaft. Katholisch zwar, aber auf angemessen verquälte, verschwurbelte und mit Gott hadernde Art.  Theater-Leute haben ja oft Sinn fürs Katholische, wg. der visuellen Unterhaltungswerte. [Es mag ein reichlich schlechtes Licht auf mich selbst werfen, wenn ich bekenne: Ich persönlich fands auch gut an ihm, daß ein unangepaßter, schräger Intellektuellenvogel ausnahmsweise mal nicht schwul war…] Außerdem hat er eine unsentimentale, denkwürdige Theater-Arbeit mit Behinderten und Kranken gemacht, ohne diese für seine eigene Reputation auszubeuten. Also weder Zyniker noch affiger Gutmensch: Gar nicht so einfach, sich da hindurchzulavieren! Kurzum: Nervig manchmal, okay, aber unterm Strich für mich sicher einer von den Guten!

Aber nun zum Aber. Schlingensief (47) ist krank, todkrank. Lungenkrebs. Ein Lungenflügel wurde schon entfernt, im anderen gibts Metastasen. Gut möglich, daß Christoph Schlingensief bald stirbt. Nach schwerer OP und Chemo sieht er schon ziemlich scheiße aus, er ist bleich, hat tiefliegende brennende Augen und er weint viel – und zwar häufig und gern vor laufenden Kameras. Der habituelle Selbst-Inszenierer hat es für gut befunden, seine höchst privaten Schmerzen, seine Ängste, seine Verzweiflung und sein Elend vollrohr öffentlich auf alle erreichbaren Bühnen (TV, Print-Medien, Buch) zu kotzen. Schonungslos, ungefiltert, nicht ohne Larmoyanz und Peinlichkeit. Was mich ärgert: Meine Neugier ist noch immer größer als meine Geschmackserziehung zuläßt: Ich habe Christoph Schlingensiefs gestern erschienenes Buch „So schön wie hier kanns im Himmel gar nicht sein“ gekauft und gelesen – und ich bin unangenehm berührt.

Natürlich möchte ich niemandem vorschreiben, noch nicht einmal bewerten, wie sich jemand zu Krankheit und Tod stellt, wenn er selbst davon betroffen ist. Nach meinem Eindruck machen es die meisten Menschen mehr oder weniger still ab, mit sich, der Familie, ein paar Freunden, wenns hochkommt. Man zieht sich zurück aus dem Trubel und leckt seine Wunden stilvoll, wie ein kranker Wolf oder ein alter Indianer. Kaum einer, den ich je kannte, rannte, als er erkrankte, laut schreiend durch die Straßen auf den Marktplatz, um dort eine Bühne zu erklimmen, sich in der Raserei hiobsmäßiger Verzweiflung die Haare zu raufen, das Hemd zu zerreißen und mit blutiger Brust hinauf zum Himmel zu schreien: „Gott! Warum nur! Warum ich? Warum jetzt schon?“ Da ich, obwohl ein alter zauseliger Emo, der auf Beerdigungen immer als erster losflennt, dennoch ein etwas herzloses Verhältnis zum Tod habe, ist es mal gut, daß ich nicht Gott bin, – ich würde dem Schreihals und kleinen Häwwelmann nämlich kühl antworten: „Ja – was? Warum nicht du? Und wann, wenn nicht jetzt? Wann wäre es denn genehm?“

Mein Problem mit Schlingensiefs Selbstentblößungen betrifft nicht so sehr die „Tyrannei der Intimität“, also die Tatsache, daß er dem Zeitgeist entsprechend offensiv, ja brutal mit dem herumtratscht, was besser privat bliebe (ich führe auch nicht gern Wartezimmergespräche mit Senioren, die ihre mehr oder weniger fiesen Krankheiten zum Lebensinhalt machen – ich find mich selbst schon eklig genug!), – sondern daß er es offenbar für extrem ungerecht hält, daß er todkrank ist – wo er doch noch so viel vorhatte! Er will, er will, er will! doch noch so viel: Pizza essen gehen, heiraten, Kinder zeugen, im Fiebersumpf von Kamerun ein Opernhaus bauen (echt! im Ernst! Ein Schlingensief muß doch „Spuren hinterlassen“!), nachdenken, herausfinden, wer er ist, und weiß der Teufel noch, was alles. – Ja und? Wessen Problem ist das? Ohne wen hat er denn da seine Rechnungen und Pläne gemacht? Wenn Orientalen muselmanischer Richtung persönliche Zukunftspläne, und sei es nur ein Wirtshausbesuch am nächsten Tag, verabreden, flechten sie immer ein: Inşallah! Was so viel heißt wie: Falls mir nicht Gottes Hand dazwischen funkt und mich arme Eintagsfliege vorher auf die Tischplattte klatscht. Damit ist, Gottesglaube hin oder her, nämlich allezeit und immer zu rechnen, da wir, und zwar wir alle, eben ausnahmslos sterblich sind. Und ziemlich empfindlich. Wir gehen halt leicht kaputt. Auch wir ganz besonderen Menschen, wir Künstler, Gelehrte, Schönheiten und Daseins-Adlige, auch wir Ausnahmebegabungen, Genies und Unverzichtbare … selbst wir, ohne die die Welt kaum noch Grund hat, sich weiterzudrehen, werden sterben, und zwar, wie man so sagt: früher oder später.

Der Tod ist in unserer Geselschaft nahezu das einzige, was gerecht verteilt ist: Er ereilt jeden, und die meisten zur Unzeit. Aber was heißt das, Unzeit? Wer will das beurteilen? Wann ist es genug? Schließlich gibt es auch Menschen, die die Zeit zum Sterben versäumten: Nietzsche, der stolze Verherrlicher der Gesundheit und Souveränität, starb nach elenden, demütigenden Jahren als dementer Pflegefall. Walter Jens, der einst so brilliante, intellektuelle Rhetoriker ist jetzt das, was er auf keinen Fall werden wollte: ein in Windeln liegender, hilfloser greiser Alzheimer-Patient ohne Verstand. 

Die alten Griechen priesen diejenigen glücklich, die im Vollbesitz ihrer Kräfte, in Schönheit und mitten im Kampf aus dem Leben gerissen wurden. So dumm war das nicht. Weder Dummheit noch Fanatismus kann man auch den stillen Betrachtungen nachsagen, die der ehrwürdige Mönch Yoshida Kenkô dem Thema widmete:

„Wie die Ameisen scharen sie sich zusammen, eilen nach Ost und West, laufen nach Nord und Süd. Menschen von hohem und niederen Stande, Alte und Junge haben ein Ziel und haben ein Haus, in das sie heimkehren; abends gehen sie schlafen, und am Morgen stehen sie auf. Aber was treiben sie denn? Sie sehnen sich nach einem langen Leben, und sie streben unaufhörlich nach Gewinn. Welches Glück erwarten sie denn, während sie sich so plagen? Nichts als Alter und Tod stehen ihnen bevor, und sie kommen schnell, ohne auch nur einen Augenblick zu zögern. Worüber freuen sie sich etwa, während sie auf Alter und Tod warten? (…) Dumme Leute jammern über Alter und Tod. Sie möchten, daß alles ewig währe, und sie wissen nichts von dem Gesetz der Hinfälligkeit alles Irdischen.“ [Yoshida Kenkô, „Betrachtungen aus der Stille„]

Man kann etwas lernen – ohne sich moralisch über andere erheben zu wollen. Ich tadele Schlingensief nicht. Wir überaus Mitteilungsbedürftige und Ausdruckssüchtige sind alle ein klein wenig narzißtisch gestört. Schlingensief, seit 25 Jahren daran gewöhnt, um sich und seine diversen Drolligkeiten maximalen Medien-Wind zu machen, Provokationen zu säen und öffentiche Aufmerksamkeit zu ernten, mit extra viel Theaterdonner irgendwelches Gekasper und post-Beuys’sches Sozialgemache anzuzetteln; gewöhnt auch daran, 24 Stunden am Tag auf erleuchteten Bühnen, vor laufenden Kameras und offenen Mikrophonen zu leben; begierig danach, den eigenen Namen täglich landauf landab, von Burma bis Bayreuth genannt zu hören; gesalbt, geölt und zu heiß gebadet in den Wassern massenmedialer Aufmerksamkeit – kann wohl gar nicht anders. Er will, wie Jean-Baptiste Molière, unbedingt auf offener Bühne, vor Publikum sterben. Seinen privaten Tod als Schaustück inszenieren. – Mein Gottt, soll er. Wir werden ihm den Applaus nicht verweigern, nur …

… das Tao des guten, bescheidenen Abschieds geht anders. Stiller Rückzug will rechtzeitig geübt werden. Für die Anhänger des Tao im japanischen Mittelalter war das nicht nur eine ethische, vielmehr noch eine ästhetische Frage.

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Zen-Garten: Die Welt ist auch schön, wenn wir weg sind!