Posted tagged ‘Christentum’

Einwurf: Abseits!

23. September 2011

Kommen wir denn so hoch? (Bild: http://www.welt.de)

Nun abermals und wieder andersrum: Angesichts der enervierenden Selbstgerechtigkeit und bestürzenden Einfalt der sog. „Papst-Kritiker“ fühl ich mich gedrängt, ex kathedra privata einige vermischte Anmerkungen zu machen:

Den hohen spitzen Hut unerträgliche Fremdscham generierender Peinlichkeit hat, nein, nicht der Papst errungen, sondern das Oberhaupt der selbstgerechten Wichtigtuer, der Error-Sympathisant, Israel-Feind und Dauer-Nerver Christian Ströbele! Ich meine: Nichts gegen die deutsche Kulturkampf-„Linke“, die – in vermutlich realistischer Einschätzung ihrer kognitiven Kompetenz oder weil sie den „Abseits!“-Pfiff nicht gehört hat – lieber zum schwul-lesbisch-transischen Straßenkarneval gehen zu müssen glaubte; sie hätten von Professor Ratzingers Rede im Bundestag eh nichts begriffen. Die tuckige Schnepfigkeit und selbstverknallte Attitüde jedoch, mit der die stoffelige Ur-Knalltüte Ströbele wie ein verhaltensauffälliges, ungezogenes Kind den Bundestag während der Papst-Rede verließ, offenbarte eine derart blickdicht brunzdoofe Borniertheit und Selbstgefälligkeit, dass es schon wirklich weh tat.

Benedict XVI. pp., der alte Fuchs, hielt im Bundestag eine respektable Kurz-Vorlesung über Rechtsphilosophie resp. die christlich-naturrechtlichen Grundlagen aufgeklärter  Vorstellungen von Freiheit, Demokratie und Menschenrechten und nutzte dabei listig die postmoderne Vernunft- und Positivismus-Kritik für seine Zwecke. Er versuchte, es schlicht und simpel zu halten, überforderte das „Hohe Haus“ aber doch sichtlich. Für wen das peinlich ist, sei dahingestellt. Desgleichen, wer unter den dummstolzen „Kritikern“ in der Lage wäre, ihm auf gleichem Niveau philosophisch zu entgegnen. So ganz einfach ist das nämlich gar nicht. Aber in Deutschland wird eh lieber mit der Trillerpfeife argumentiert.

Was meine vielen atheistischen Freunde nicht so gerne hören: Es mag wenige geben, die für Religion zu klug sind – die meisten sind dazu leider eher zu dämlich. Wie? Doch, doch, man kann auch zu doof für Religion sein! So jedenfalls mein Eindruck, wenn ich die Stimme der Straße vernehme. Zu doof für Religion? Geht denn das? Aber ja! Das geht, wenn man noch nicht mal das Bildungsniveau eines Dorf-Vikars erreicht und nicht die geringste Ahnung davon hat, in welchem ungeheuren Maß das Christentum zweitausend Jahre lang unsere Kultur und Zivilisation, Kunst, Malerei, Musik, Sprache, Ethik, Philosophie, Lebenswelt und, par bleu! sogar auch noch die Religionskritik beeinflusst bzw. geprägt hat. Ohne das Christentum und die Kirche hätten die Kartoffeln, die sich für „Säkularisten“ halten, noch nicht mal das Rüstzeug, sich, metaphorisch gesprochen, alleine die Schuhe zu binden. Warum man Respekt vor dem Papst haben sollte? So fragen echte Analphabeten.

Vor der Päpstlichen Nuntiatur, dem Nachtquartier des Papstes, haben sich fünfzig postklimakterielle Frauen zusammengerottet, die sich „Hexen“ nennen, um beknackte Lieder zu grölen, den Nachtschlaf des alten Mannes aus Rom zu stören und zur Rechtfertigung in die Kamera der Tagesschau nichts besseres zu faseln wissen als: „Wir wollen darauf aufmerksam machen, dass wir Frauen sind, und dass wir als Frauen DA sind!“ Leider trifft der Papst keine Agnostiker, sonst würde ich gern mit ihm in die Knie sinken und beten: Gott steh uns bei!

Mir persönlich ist die Gnade des Glaubens nicht gegeben, worauf ich nicht stolzer bin als auf ein abbes Bein; mein Interesse an Religionen ist eher melancholisch-distanziert (darf ja nicht mitspielen…), aber was mich fuchsig macht, ist kenntnisfreie Respektlosigkeit vor der eigenen Kultur. Plumper Anti-Katholizismus ist nicht weniger borniert als jedes andere Anti-. Leider sind die Trivial-Pöbler mit ihren ennuyierenden Stereotypen, die dem Papst an den Kragen wollen, um es mal derb-lutherisch auszudrücken, noch nicht mal in der Lage, ihm in die hübschen roten Schuhe zu pinkeln.

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Bescheid

9. Juni 2010


Küche im 17. Jahrhundert

AB JETZT WIRD GELESEN, WAS AUF DEN TISCH KOMMT!

Ich denk, ich sag mal Bescheid. Auf der seriösen Kehrseite meines Blogs („denkfixer“) sind drei neue Vorträge als Downloads erhältlich: Sie befassen sich mit der Philosophie des Essens und Trinkens, singen ein freches Lob auf Rauschdrogen und verteidigen das menschliche Recht auf Sinnengenuß ohne Schuldbewußtsein. Die Vorträge heißen im einzelnen:

„Was isst der Mensch? Vorspeise zu einer kleinen Gastrosophie“

„Keine Macht den Drögen – Die Philosophie und das Gespenst der Sucht“

„Der Hedonistische Freispruch – Über Lust, Laster und List des Geniessens“

Ich hab die Texte gelesen, korrigiert, überarbeitet und finde sie immer noch gut.  Wer sie als pdf-Datei herunterladen will, den bitte ich zur Adresse

http://reinhardhaneld.wordpress.com

„Spätrömische Dekadenz“? Westerwelle im Amok-Koma

26. Februar 2010

Im dekadenten Rom gab es noch intelligente Politiker: L. Ae. Senbeca (ca. 1-65 n. Chr.)

Seine Tollität Prinz Guido! Was man alles von ihm lernen kann! Das Geheimnis des Erfolges zum Beispiel: Nie, aber wirklich niemals darf dir irgend ewas peinlich sein: Entblöße dich als unterirdischer Ego-Krüppel, nerve deine Mitmenschen ohne Gnade und Rücksicht mit dummem Geschwätz, krähe den allerletzten populistischen Mist in die Mikrophone – aber stehe dazu! Finde dich selber grandios, dann tuts der Depp auf der Straße auch! Herr Dr. jur. Guido Hetzerwelle wird schon wissen, was es mit der „spätrömischen Dekadenz“ auf sich hat. Warum soll die sympathische Aknehackfresse aus dem Rheinland das denn nicht wissen? Er war doch auf dem Gymnasium, wenn auch nur als Klassenclown. Außerdem sieht er selbst ein bißchen aus wie Nero, oder wenigsten wie Blondie, Hitlers berühmter kruppstahlblauäugiger Pitbull-Pudel. Spätrömische Dekadenz! Da gings zu wie bei Hempels! Da aß man die Wurst ohne Brot, und das arbeitslose Pack fraß Kuchen! Da versoff man skupellos Oma ihr klein Häuschen, ernannte sein Pferd zum Senator, hofierte Hoteliers und Apotheker, und die dekadenten Politiker waren alle schwul! Ent-setz-lich! Genau fast wie heute!

Da nach Karl Kraus manche Sätze so falsch sind, daß nicht einmal ihr Gegenteil stimmt, habe ich mal in meinem Archiv gekramt und einen Vortrag hervorgeholt, der sich etwas präziser mit jener Zeit beschäftigt, mit den Verhältnissen unter dem brutalen Tyrannen Nero, und mit welcher Taktik man zu überleben versuchte. Im Mittelpunkt steht der berühmte Philosoph Lucius Annaeus Seneca, Lehrer, Mentor und zweitweilig politischer Stelltvertreter des Kaisers. Senecas stoische „Lebenskampfkunst“, eine subtile Defensivstrategie zur Bewältigung des Terrors und der Angst unter der Diktatur, ist noch heute spannend und aktuell. Daß man – gerade zur Zeit der „spätrömischen Dekadenz“ – Politiker und trotzdem intelligent, wenn nicht sogar weise sein konnte, Seneca bewies es…

Der Text von Reinhard Haneld steht im denkfixer-Blog als pdf-Datei zum Herunterladen und Ausdrucken bereit. Es gelten die üblichen OpenSource-Bedingungen.