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Ein Spielfilm „im Netz“ (Pornorama)

24. November 2011

Noch unbemannt: Nacktes Sofa

Zunächst sah man eine Weile nichts, dann erfasste die Kamera ein Wohnzimmer, das durch eine gewisse karge Unpersönlichkeit hervorstach, etwa wie so eine Möbelschaunische bei IKEA. Auf dem Sofa „Bjørndal“ aber saß bzw. räkelte sich auf etwas nervöse Art hingegossen eine blondierte Dame, die  –  hieß sie Gisela? Silke? Sabrina wohl eher? – sichtlich sich langweilte. Mal schaute sie auf die Uhr, mal las sie in einem bebilderten Magazin, dann wieder blies sie mopsig die Backen auf. Gelegentlich, so weit ging die Langeweile, nestelte sie traumverloren an den Knöpfen ihres Sommerkleides.

Fast begann der Film schon eine Wim-Wenders-hafte Langeweile auszustrahlen, da trat urplötzlich und unmotiviert ein drahtiger Jüngling zur Tür herein. Es entspann sich ein belangloser, später etwas anzüglicher Wortwechsel, der, seis aus kognitiven Beschränktheiten, seis aus dramaturgischen Gründen, die Handlung zunächst nicht wesentlich vorantrieb. Aber der Dame wurde offenbar dennoch warm von der Konversation. Knopf auf Knopf öffnete sie ihr Kleid und verschaffte sich Kühlung, dabei unversehens und gewiss unbeabsichtigt gewisse Reize enthüllend. Der hinzugetretene Jüngling machte darauf gehorsamst Stielaugen. Als zuvorkommender Gentleman kam er der Film-Partnerin insofern entgegen, als dass er sich seinerseits ungefragt seiner Beinkleider entledigte. Es folgte ein sich beschleunigender Entkleidungswettbewerb, an dessen Ende Herrenoberbekleidung und Damen-Unterwäsche auf dem IKEA-Wohnzimmerboden ein ganz schönes Durcheinander anrichteten. Aber die Kamera verweilte darauf nicht lange, sondern verfolgte lieber, wie das unversehens zum Paar gewordene Protagonisten-Duo sich nun zusehends enthemmteren Balgereien hingab.

Selten in der Öffentlichkeit auftretende Körperteile kamen zur Großaufnahme, Unaussprechlichkeiten wurden zelebriert, Interna offenbart, darunter viel Anatomisches, Überlebensgrosses, das, wie Heidegger sagt, in die Unverborgenheit trat. Der ohnehin lakonische Dialog indessen verarmte nun zusehends. „Ja, ja. Jaaah!“ sagte die Dame und „Ooooh, Baby!“ versetzte der junge Mann. Der dezidierten Zweckentfremdung zugeführten Körperteile ließen vermuten, dass Freizügigkeit zu den bevorzugten filmischen Mitteln bzw. intendierten Wirkungen gehörte.

Die Regie schien, nicht gänzlich zu Unrecht, eintretende Redundanzen zu fürchten; die konstruktive Zusammensteckbarkeit von Mann und Frau leidet unter der Beschränkung der Kombinationsmöglichkeiten; man kennt das aus der eigenen Lebenserfahrung. Also schickte man, zum Teufel mit dem Drehbuch, einen weiteren Herrn ins Getümmel, in das dieser ohne Präliminarien und lange Courtoiserien umstandslos hineintrat. Die vorübergehende Polonaise-artige Belebung ging freilich auf Kosten der Übersichtlichkeit. Nur noch ein Herr mehr, und der Tanz um die Dame gliche schon einer Art Reise nach Jerusalem. Verschlingungen und Verknotungen wurden nun geschürzt, welche die genuine Alltagspersönlichkeit überfordern würden. Ob die angestrebte Aufpeitschung der Zuschauersinne hierdurch gelang, darf offen bleiben. Zoom und Totale taten gewiss ihr Bestes.

Das große Finale fiel etwas enttäuschend aus, indem nämlich die zugrunde liegende Dame mit einer seltsamen Feierlichkeit und ekstatischen Aufregung ein klein wenig bekleckert wurde, ein eigentlich unspektakulärer Vorgang, der aber anscheinend zu den genretypischen Sensations-Faszinationen gehört. Der Kliniker steckt dies unter dem Titel Saliromanie kühl in die Schublade der Paraphilien.

Die Schauspieler waren großartig. Sie verstanden es hervorragend, „es“ zu tun und doch auch wieder nicht, indem sie nämlich verfremdend komplett neben sich standen und bar jeden Ausdrucks in die Kamera starrten, als exekutierten sie das berühmte Brechtische „Glotzt nicht so blöd“.  – Das war frappant und hätte einen Bambi verdient.

Heiliges Deutschland

11. November 2011

Ich bin auch nicht Goethe.

Normalerweise, wenn ich allein bin und des nachts am iMac TV gucke, mache ich das still und unbewegten Gesichtes mit mir selber ab. Mir selbst gegenüber wahre ich in der Regel überhaupt ziemlich stoische Contenance, d. h. ich trage Schlafanzüge mit Bügelfalte, putze mir vor dem Lachen die Zähne und schnäuze mich, wenn überhaupt, in edle Batisttücher, die mein gesticktes Monogramm tragen. Selbst vor dem Spiegel betrachte ich mich grundsätzlich nur korrekt bekleidet, falls das jemanden interessiert. Wer mich als irre kichernden, haltlos wiehernden, vor hirnschwurbliger Besoffenheit schier schon fast sabbernden Hysteriker erleben will, der lauthals mit dem toten Medium Fernsehen redet, nun, der muss mich schon vor eine ganz, ganz besondere Sendung setzen. Eine solche Sendung, die mich in den Zustand komplett zurechnungsunfähiger Exaltiertheit versetzen vermag, ist die alljährliche Bambi-Preis-Verleihung der Burda-Medien-Mafia! Abgefahreneres gibt es im gesamten deutschen TV-Zoo nicht!

Erstmals komplett ausgetickt bin ich schon beim letzten Mal Gucken, als der Scientologen-Spinner und notorische Minderschauspieler Tom Cruise den „Bambi für Zivilcourage“ bekam, und wofür? Weil er den Hitler-Attentäter Graf Stauffenberg zu spielen gewagt hatte! Was für ein angstfreier Zivilcouragierter! Die Verwechslung von Spiel und Realität war damals derart zwingend, dass besagter US-Schauspieler irgendwann, nach einer langen, wirren, bekifften Rede, am Ende selber an seine Rolle glaubte und seine denkwürdige Burda-Bambi-Dankesrede mit den letzten Worten des Widerständlers endete: „Es lebe das Heilige Deutschland!“ Wie wahr! So würde ich das auch sagen. Das Heilige Deutschland!

Die Heilige Deutsche Burdarepublik besteht prima vista aus gefaketen Titten, toupierten Hohlköpfen sowie viel kalter Sülze mit Makeup. Der knallkrachkrasse Coup der „Preisbeschmeißerkreise“ (W. Röhl) war natürlich die Verleihung des „Bambi für Integration“ (!) an die deutsch-tunesische Türsteherfresse, den antisemitschen, antiamerikanischen Frauenhasser, Schwulen-Basher und rappenden Immobilienhändler Anis Mohamed Youssef Ferchichi, der sich „Bushido“ nennt, was insofern falsch ist, weil es übersetzt gar nicht „Der Weg des Arschlochs“ bedeutet. Selbstredend ist das ganze Geddo-Gangsta-Getue ebenfalls nur fake, das Gepluster von Catchern, Kirmes-Boxern und Schiffsschaukelbremsern. In seinem Dankesgestammel beschwor das Großmäulchen seine Mutti, die bezeugen könne, dass er ein „guter Junge“ sei. Darauf einen alkfreien Schnaps!

 PS: Den Bambi für Selbstreflexion bekam die Schauspielerin Veronika Ferres für ihren Satz: „Ich bin nicht Goethe“.