Tagesempfehlungen
Gefährliche Anmache. Der hiesige Zoo lädt, durch den Mai-Ausbruch offenbar im Kreativitätsrausch, per Presseerklärung zu einer sehr speziellen Event-Führung ein: „Bei der kostenlosen Sonderführung ‚Sex im Zoo’ hat jeder Interessierte die Gelegenheit, zu erfahren, was ein Nashorn wirklich ‚anmacht’“, heißt es da verlockend. Und? Bin ich interessiert? Ich weiß nicht recht. Irgendwie glaube ich nicht, dem gewachsen zu sein, was sich Prickelndes ergäbe, gelänge es mir, erfolgreich ein Nashorn anzumachen.
Theologie im Familienkreis. Ein Begriff, den ich nach dem dritten Glas Wein nur noch verstümmelt herausbringe, oder aber im Gegenteil habituell um mehr oder minder überflüssige Silben erweitere, heißt: Transsubstantiation. Den brauche ich aber, um eine beliebte Unterhaltungsnummer im privaten Kreis aufzuführen. „Erklär uns doch noch mal wieder, Magister, was jetzt eigentlich an Fronleichnam gefeiert wird!“ Da lass ich mich nicht lange bitten, denn als studierter Experte für bizarre Gedankenverschlingungen bin ich ein passionierter Freund der katholischen Theologie und Kirchengeschichte. In so etwas kenne ich mich aus! „Nun liebe Kinder, gebt fein acht…“ hebe ich an und dramatisiere dann routiniert das sakramental-metaphysische Hütchenspiel der mysterienhaften Verwandlung: Blut und Wein, Fleisch und Brot, Klingeling, simsalabim und hoc est corpus meus („Hokuspokus“), inklusive Weihrauch, Wunder, mit Kostüm und Lichteffekten, und hypnotisiere eine junge Dame im Familienkreis damit derart transubstantiell, dass sie leeren Auges, im Zustand verträumter Langeweile in den Raum über den Esstisch fragt: „Und was ist mit Krimi-Histelfahrt? Solln wir da nich ma wieder nach Holland?“ – „Wär das nich Translokation?“ prustet ergänzend die Gattin. – „Ja, aber nur mit Transpapid“ erwidere ich schlagfertig, aber auch etwas genervt, da ich mich nicht ernst genommen fühle. Dabei berichte ich doch bloß!
Schnarchsack vs. Gummibeutel. Am Altern finde ich nichts Positives. Ich fänds, falls man den Schöpfer kritisieren darf, viel besser, man würde alt, kränklich, gebrechlich und total weise geboren und würde dann in der Folge von Jahr zu Jahr immer schlanker, knackiger, unverschrumpelter und vor allem: herrlich dümmer! Am Ende würde man Sex für eine Wundertüte halten und glauben, es stünde einem die Welt offen, ohne dass man einen Preis bezahlen müsste und man stürbe genau in dem euphorischen Moment, wo man sich sagt: Wow Leute! Jetzt geht es richtig los!“ – Die durch Lebenserfahrung erworbene Klugheit will mal wieder keiner aufs Butterbrot kriegen, und egal, was man sagt, die jungen Leute schauen einen an, als wäre man ein sprechendes Breitmaulnashorn. Dabei kann man auch als Senior noch dumm sein wie die Backfische. Ich zum Beispiel hielt bis vor kurzem Leberwickel für süddeutsche Hausmannskost mit Zwiebeln. Dem ist, wie mich die Wellness-erfahrene Gattin belehrte, keineswegs so. Und noch heute schliefe sie, in wohliger Erinnerung an das Betreutes-Hungern-Hotel, in dem sie neulich war, mit einer Wärmflasche auf der Leber ein, weil das einen ungemein tröstlichen, Geborgenheit vermittelnden Effekt hätte. „Tja, na ja, okay… Wärmflaschen…“ antworte ich matt anzüglich. „Im übrigen“, ergänzt die kluge Pragmatikerin daraufhin spitz, „Wärmflaschen schnarchen auch nicht.“ – Eins zu null für den Gummibeutel.
Glaubenskrise. Neulich haben mir in der Stadt langbärtige junge Männer in weißen Nachthemden und mit Häkeldeckchenmützen auf dem Kopf prophezeit, wenn ich an die Bibel glaubte, würde ich in die Hölle kommen. Schon vor langer Zeit indessen versprachen mir Herren in schwarzen Nachthemden die ewige Verdammnis, sofern ich NICHT an die Bibel glaubte. Woran also immer ich glaube – „Hölle, Hölle, Hölle!“ (Wolfgang Petri) – Wenn ihr mich fragt: Das ist doch ein ganz mieses Spiel, Leute!
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Schlagwörter: Fronleichnam, Glaubenskrise, Hölle, Leberwickel, Nashorn, Salafisten, Schnarchsack, Sex im Zoo, Wärmflasche
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2. Mai 2012 um 7:20 PM
Deine Glaubenskrise, lieber Kraska, will es dir scheinbar so gemütlich wie möglich machen. Um da raus zu kommen, hilft vermutlich nur noch ein Transmitter, ob man den aber in Holland bekommt?
2. Mai 2012 um 8:04 PM
In Holland gibt es da viel Hilfreiches! Und in die Hölle komme ich ja sowieso. Also her mit den Transmittern!
3. Mai 2012 um 10:45 PM
Immerhin bist Du wahrscheinlich in einer Fußgängerzone verdammt worden und nicht auf einem Highway…
3. Mai 2012 um 10:47 PM
… und nicht im Hotel California…