Kraska macht Putz, Stadt machen weg: Hetzefrei


Paranoia aus dem Paralluniversum



Straßenfeger, Müllmann, Putze – alles keine populären Traumberufe! Der Karriere-Wunsch „Ich möchte so gern anderen Leuten ihren Dreck weg machen!“ wird heute nur noch selten geäußert. „Ooch, irgendwas so vielleicht mit Menschen“, murmeln vielmehr unbedarfte Schulabbrecher, verlegen in der Nase bohrend, wenn sie im Berufsbildungszentrum nach ihren künftigen Traumtätigkeiten befragt werden. Ja, schön. Bon. Nur leider, Leute, „Menschen“, – das heißt manchmal halt auch: Idioten, Ferkel, Dreckspatzen,  Graffitti-Spinner oder auch, nur ganz gelegentlich, ausnahmsweise und nicht generalisierend verstanden, südosteuropäische Kulturbereicherer, die in meinem Viertel gern glauben, die Glas-Leergutcontainer seien dazu da, dass man vor ihnen giftigen Elektroschrott, durchgepißte Matratzen, volle Windeln und Essensabfälle ablädt. Sind ja trotzdem auch Menschen, oder? Und keineswegs, wie vor allem meine serbischen, nigerianischen (!) und türkischen Nachbarn lautstark meinen, „alles Schweine, die scheiß Ausländer“!

Dennoch. Kürzlich stellte ich [– mein Gott, ich gehe offenbar zügig dem Status des ordnungsnotgeilen Rentner-Nazis entgegen! Mir fehlt, schätz ich, nur noch der kleinkrempige Pepita-Hut und der beige Popeline-Blouson! –], eine Roma-Frau (rate ich jetzt mal) zur Rede, dergestalt, dass ich bei der einen überquellenden Krempel-Trolley hinter sich her ziehenden Mutter Schmierage, die offenbar glaubte, Orangeschalen, kaputte Toaster und irgendein unentwirrbarer Kabelsalat gehörten bei uns im Grunde auch zum Leergut, mehr oder eher minder höflich anfragte, ob sie denn bitteschön noch alle Tassen im Schrank habe, daheim, in Bulgarien oder wo, zum Beispiel? Schnippisch, knapp und in stark gebrochenen (aber ungeschienten!) Deutsch wurde mir über den Müllhaufen hinweg beschieden: „Stadt holt ab! Stadt machen weg!“

Die Stadt (Duisburg) hat zwar kein Geld, weil keiner mehr nennenswert Steuern zahlt, dafür aber mehr und mehr Leute HartzIV-Versorgung benötigen („Leute! Laßt den Tropf nicht hängen!“), aber bei unseren Mitbürgern mit Migränehintergrund offenbar einen schweren Stein im Brett. Man verlässt sich drauf: Stadt macht schon irgendwie weg! Die Männer [(obs Frauen auch gibt? Weiß ich momentan gar nicht – aber deswegen gleich feministisch-fäusteballend fordern: „Öffnet die Müllabfuhr den Frauen!“ fände ich übertrieben.) der Duisburger Wirtschaftsbetriebe haben bei uns im Viertel immer Extra-Schicht. Ein Rätsel, das mir noch keiner lösen konnte: Wo kriegen dieMenschen ungenannter Herkunft bloß diese Unmassen Müll denn immer her? Sitzgruppen, Elektronik, Computerschrott, vermischt Organisches unterschiedlicher Verwesungsstufen? Na ja, lassen wir den Müll. Stadt macht, wie gesagt, schon irgendwie weg.

Zur Kompetenz der Wirtschaftsbetriebe gehört prinzipiell auch die Beseitigung graphischen Mülls. Der gliedert sich wesentlich in drei Kategorien: a) Stumpfsinnige bzw. uninspirierte sog. Tag-Schmierereien, dann b) mehr oder minder unterhaltsame Kundgebungen politischer oder allgemein lebensratgeberischer Natur sowie persönliche Nachrichten („Dilem, seni seviyorum –  isch liebe disch warum du misch denn nich?“) sowie c) Schablonen-Graffitti, die ich als coole urbane Ausdrucksform der Jetztzeit durchaus toleriere, meistens jedenfalls.

Es sei denn, es handelt sich um Mitteilungen aus einem psychopathologischen Paralleluniversum, das aus lauter barthaarfeinem Irrsinn und purer Propheten-Paraoia gesponnen ist wie das komplett realitätsabgekoppelte Wahnsystem der Islamerer. Von einem Transformatorenkasten bei mir um die Ecke lächelt mich da neuerdings mütterlich-einladend eine Kopftuch tragende Frau an und ermutigt mich: „Stoppt Antiislamhetze!“ Okay, pour-quois pas? Hetze find ich nicht gut. Hetze ist Müll. Sire, geben Sie Hetzefrei!

D’accord. Nur, nebbich, unsere Islamerer im Viertel kenne ich: Sie flanieren ostentativ im Freitags-Kaftan durch die Hood, ausgerüstet mit Häkelkappe und hennagefärbtem Vollbart, und finden, gegen Frauenunterdrückung vorzugehen, sei typisch westlich-verwerfliche „Antiislamhetze“.  Das Burka-Verbot etwa, das kürzlich vom französische Parlament verabschiedet wurde, ist für sie solche „Hetze“. Nun ja. – Vielleicht möchte man die Diskriminierung und Versklavung der Frauen zum Weltkulturerbe erklären lassen? Da wäre ich dagegen, schätz ich, genau so, wie mir das Recht, „Scheiss Juden“ an deutsche Wände zu schmieren, wenig schützenswert erscheint. Generell liegt die Zeit, in der mir das Beschmieren von öffentlichen Mauern mit bescheuerten, weil einseitigen und unterkomplexen Polit-Botschaften sinnvoll erschien, ca. 40 Mio. Jahre hinter mir.

Um die Stadt hetzefrei zu machen, würde ich die Wirtschaftsbetriebe Duisburg gern bitten: „Sie da, mit dem super Chemie-Dings, können Sie diesen Müll mal wegmachen, da?“ Aber ich weiß, dieser Service ist kostspielig und aufwändig. Im Grunde wäre wohl Bürgersinn gefragt. Und eine klare Vorstellung davon, was man an unseren Wänden dulden darf, und was nicht. Ich befürchte, das geht gerade flöten…

Man mache das weg da! Ich geb euch gleich was von wegen "scheiss Juden"...!

Nervt: Ödes, doofes, uninspirierstes Tag-Geschmiere

Blumen für den Schwarzen Block

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5 Kommentare - “Kraska macht Putz, Stadt machen weg: Hetzefrei”

  1. philipp1112 Says:

    Vielleicht versucht es mal einer mit Antihetzeislam, weil, grundsätzlich, Antihetze finde ich gut.

  2. oachkatz Says:

    Kleine Kappen und Vollbart kenne ich aus verschiedenen Kulturkreisen. Meinst Du einen bestimmten?

  3. Uffnik Says:

    Du bist von Kurzarbeit mit Deiner Denkfabrik noch Lichtjahre entfernt.
    Danke für die kraskasichen Worte.

  4. joulupukki Says:

    Von der Stadt Wien wurde kürzlich verkündet, dass sie es nun aufgeben, alle Graffities zu entfernen, sondern nur mehr jene, die sexistische oder rassistische oder ähnlich inakzeptable Meldungen verbreiten. Ist das in Duisburg anders?
    Man könnte aber natürlich auch nachbarschafts saubertrupps organisieren. dann darf der herr meier und die frau müller mit farblübelchen durchs viertel flanieren. Cholesterinsenkung mit Mehrwert. Saniert die Krankenkassa und reinigt das Stadtbild. Hui …


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