Der Mann: Seelenfreund oder blaues Silikon-Würstchen?


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Welcher Mann möchte HIERAUF reduziert werden?

Um einmal wieder – ich finde, jetzt darf es an der Zeit sein –, ein heikles Thema anzusprechen: Zwar sind einige meiner besten Freunde Frauen, aber dennoch, mir will keine irgendwie geartete Beziehung einfallen, in der ich es geschmacklich, ästhetisch oder erotisch für angemessen, geboten oder auch nur vertretbar hielte, einen sog. Dildo zu verschenken. Ich meine, wer weiß? Möglicherweise wird es irgendwann ja dereinst science-fiction-mäßig emanzipierte Zeiten geben, in denen das Verschenken sorgfältig und künstlerisch wertvoll gestalteter Vibratoren – etwa zum Mutter- oder Hochzeitstag, zu Geburtsjubiläen oder zu hohen kirchlichen Feiertagen – nicht anstößiger wirkt als, sagen wir: die freundschaftliche Überreichung eines Milchaufschäumers, Pürier-Stabes oder Sektquirls.

 In solchen Zeiten wird dann ein Mann, ohne Anzeichen der Befangen- oder Verlegenheit eine Dildo-Boutique betreten und nonchalant etwa folgendes herunterhaspeln: „Ich suche etwas für eine aufgeschlosssene, junggebliebene Dame mittleren Alters, bevorzuge dabei indes Naturmaterialien, aber wiederum möglichst aus ökologischem Anbau, also eventuell schon Teakholz in warmen Rotbraun-Tönen, aber aus kontrollierten, alternativen, nachhaltig organisierten Baumschulen! Und gibt es da auch welche mit Solarbetrieb?“ In der Folge würde sich der ratsuchende Herr von einer hochkompetenten, nicht im mindesten verlegenen, virtuosen Fach-Vibratraktoristin  über die Vorteile und Nachteile verschiedener Modelle aufklären lassen, dabei betont verständig nicken und schließlich eine vernünftige, Preis und Leistung gegeneinander abwägende sachliche Wahl treffen. Zart errötend, aber dankbar wird er abschließend zustimmen, wenn die Befriedigungsgeräte-Fachkraft professionell flötet: „Darf ich’s Ihnen als Geschenk einpacken?“

 Solche und ähnliche Phantasien fliegen mich an, wenn ich fast täglich, auf dem Weg zur Arbeit, durch die kleine, verschwiegene Seitengasse radele, in das „Pussy Pleasure“ liegt. „Pussy Pleasure“ heißt zu deutsch: „Muschi Vergnügen“, was evtl. ein missverständlicher Ladenname wäre. Es handelt sich um nämlich nicht um ein Geschäft für Katzenbedarf, sondern um einen kleinen Laden, der sich dem exklusiven Sektor weiblicher Bedürfnisse widmet, die vom DM-Markt, der Parfumerie Douglas und den Schuhgeschäften nicht abgedeckt werden. Da ich, wie gesagt, hier feilgebotene einschlägig verwendbare Geräte und Spielzeuge nicht verschenke, andererseits das soeben phantasierte Verkaufsgespräch erst in der fernen Zukunft stattfindet, habe ich mich noch nie getraut, die kleine Boutique zu betreten.

 Dennoch vermag mich der Shop (eigentlich doch schade, das man ihn englisch benannt hat; „Ulla’s Wollust’läd’chen“ oder „Spielzeugstube Tralala“ hätte ich niedlicher gefunden…) anzuregen, wenn auch nur zu Gedanken folgender Art:

 Warum eigentlich ist, mal sexualkulturanthropologisch gefragt, die soziale Akzeptanz autoerotischer Betätigung geschlechterspezifisch so unterschiedlich verteilt? Zu deutsch: Wenn ein männliches Wesen, sei es aus Partnermangel, Schüchternheit oder überschießender Libido, Hand an sich legt, und dabei womöglich „so Heftchen“ oder gar miese Schund-Filme zur Hilfe nimmt, so schaut man in der Regel halb mitleidig, halb verächtlich von schräg oben auf ihn herab und heißt ihn einen „elenden kleinen Wichser“; tut eine Frau ganz ähnliches und versichert sich dabei der Unterstützung durch männerverachtend übertrieben geformte Geräte, noch dazu batteriegetriebene, so schnalzt man hingegend allgemein anerkennend mit der Zunge: Oh la là, was für eine kühne, emanzipierte, zu ihren Lustbedürfnissen stehende „moderne Frau“! –Warum heißt es denn da jetzt nicht: „Booaah! Ist ja superekelig! Die doofe Schlampe reduziert den männlichen Menschen auf einen brummenden, surrenden, vibrierenden Plastik-Pürierstab! Wie inhuman männerverachtend! Hier wird der Mann, der doch Lebenstraum-Partner, anlehnungsschultergewährender Seelenfreund und Herzensgefährte sein soll, brutal zum technoiden Instrument mechanischer Lustgewinnung degradiert!“ Irgendwie ungerecht, oder nicht? Oder haben Frauen da irgendwie einen Bonus? Aber warum? Weil bei ihnen das meiste irgendwie besser aussieht?

 Ich weiß nicht – im Grunde habe ich nichts gegen diese immer etwas auftrumpfenden Frauenerotikläden. Da „Pussy Pleasure“ schon seit Jahren existiert, wird es wohl genügend Kundschaft geben, und ich bin der letzte, der das beklagt. Ist ja für uns Männer auch irgendwo ein stückweit entlastend, wenn wir nicht mehr allein für besagte „pleasure“ verantwortlich sind. Das einzige, was mich an diesem Frauenerotikding manchmal stört, ist so eine gewisse narzisstisch verkitschte Süßlichkeit wie bei diesen obzönen Blüten-Bildern von Georgia O’Keefe, oder den patschuli-duftenden Weichzeichner-Nymphchen von Georg Hamilton („Bilitis“), diese Art feminine Selbstverkitschung, die so tut, als sei weibliche Sexualität irgendwie duftiger, ätherischer und weniger verschwitzt, als die männliche. Aber weiblichen Sexismus will ich den werten Betreiberinnen von „Pussy Pleasure“ gar nicht unterstellen. Wenn ich von weitem einen schüchternen Blick riskiere, sehe ich dort immer junge, moderne, fröhliche Frauen, die Spaß haben, viel lachen und, scheints, ein lustiges Leben führen. Das sei ihnen von Herzen vergönnt. Immer hinein ins Vergnügen!

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9 Kommentare - “Der Mann: Seelenfreund oder blaues Silikon-Würstchen?”

  1. hyke Says:

    Vor vielen Jahren trieb es mich in einen Damen-Vergnügungs-Laden. Die Neugierde besiegte meine Schüchternheit und ich erwarb einen schwarzen Dildo. Natürlich ließ ich ihn mir „für eine Freundin“ einpacken. Das Teil brummte so laut und unerotisch, dass es nach kürzester Zeit auf dem Müll landete.So etwas ersetzt keinen Mann, nicht mal einen brummenden.

  2. lakritze Says:

    Ich lebe in Laufreichweite von sechs, nein sieben gewöhnlichen Männerschmuddelsexshops, komplett mit angepriesenen Videokabinen und neutralem Hinterausgang. Ein Wolluststübchen hat es mal gegeben, und ein weiteres hat gar nicht erst aufgemacht.
    Hier ist allerdings auch der Artikel für alle Frauen »es« …

  3. 6kraska6 Says:

    Die sehr sympathische, gescheite Betreiberin des erwähnten Shops schrieb mir in einer PM im übrigen, daß das von mir hochgeladene Bild nicht ihr Sortiment zum Ausdruck bringt, das nämlich NICHT so reduktiv sei; außerdem gäbe es bei ihr weder O’Keeffe noch Hamilton, es röche nicht nach Patschuli, der alten feministischen Ideologie folge man nicht und das von mir als Science Fiction bezeichnete Beratungsgespräche würde bei ihr schon heute jederzeit geführt! – Ich gebe das gern so weiter!

    • joulupukki Says:

      Oh, das finde ich klasse, dass sie Dir geschrieben hat. Ist sie eigenlich selbst auf Deinen Artikel aufmerksam geworden?
      Aber Du bringst schon ein interessantes Thema auf – warum wird Selbstbefriedigung bei Männern eher mit Verachtung gutiert und weibliche mit Hochachtung? Eigentlich ein krasses Gegenbild dazu, dass sexuelle Abenteuer bei Männern immer noch als Heldentat gelten und Frauen für ähnliches eher das Schlampenimage abbekommen. Ausgleichende Gerechtigkeit also? Oder das eine wie das andere nichts anderes, als der immer gleiche Effekt katholischer Verklemmung, die scheinbar unweigerlich durch unsere Adern fließt? (der Mann, der sich selbst befriedigt ‚kriegt keine ab‘, die Frau ‚bleibt sauber‘?)

  4. 6kraska6 Says:

    @jou: Ja, sie ist selbst Qyperin („luxusbabe“), da wird man auf bestimmte Beiträge ja aufmerksam gemacht.

    Die Asymmetrie liegt glaub ich noch „hinter“ der Katholizität: Es handelt sich um die ideologische Hintergrundüberzeugung, daß Sexualität, die nicht zur Fortpflanzung führt, irgendwie „nicht richtig“ und vollgültig ist. Die Aufwertung der weiblicher Autoerotik hingegen dürfte, nach meinem Überblick, wenigstens hier bei uns, ein Verdienst feministischer Selbstbehauptung in den letzten 40 Jahren sein.

    Das meine jetzt ich, nicht Kraska…

    • joulupukki Says:

      Ach, noch eine Qyperin? Wußtest Du das schon vorher?

      Hmmm … nach deiner Fortpflanzungsthese müsste ja jeder Safer Sex ähnlich abfällig betrachtet werden. Wäre doch interessant, wie die Fachfrau aka luxusbabe das einschätzen würde. Ich widme mich dann mal in der Zwischenzeit eine Runde der Autoerotik, dabei lässt sichs so gut nachdenken 😀

  5. 6kraska6 Says:

    @jou: …und ich dachte, Du hast gar kein Auto…?

  6. Mari Says:

    Ich meine das Holz das beste ist was man kaufen kann und da zu aus Edlem Teak Holz, Ich habe neulich die Seite gefunden. http://www.Teaklove.de


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