Albtraumfrau: Tod durch Wattestäbchen


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Sie war wohl dann doch nicht der Panther: Halle Berry als Catwoman

A HARDBOILED PULP FICTION:

IMMANUEL KANTS ERKENTNISTHEORETISCHE PROGNOSE

Diese Geschichte ist hart gesotten, gnadenlos brutal und bleibt immer schön in der verschwiegenen Grauzone zwischen Gut und Böse, wie die Stories des Idols aller Kriminalliteraten, Raymond Chandler, der gestern seinen 50. Todestag feierte („Der lange Abschied“…) und dem die folgenden Zeilen gewidmet („Here’s to you, kid“) sind: 

Eine Frau wie ein schwarzer Panther! Halle Berry könnte sie spielen, oder, früher mal, Lauren Bacall, die erotischste Kettenraucherin in der Geschichte des Schwarz-Weiß-Kinos („Film noir„): die Teufelsbraut, den Satansbraten, die Schwarze Witwe, den Tod in Prada – Lautlos schlug sie zu, hart und unberechenbar.  Eine Serienkillerin der A-Klasse, ungeheuer in ihrem Blutdurst, irgendwie sexy in ihrer Gewaltbereitschaft, aber nicht die Spur arrogant oder elitär: Auch für die Niederungen der Kleinkriminalität war sie sich nicht zu schade. Wenn es terminlich paßte, erledigte sie auch kleinere Brüche in Schrebergartenhäuschen, stahl den alten Schulcomputer aus dem Lehrerzimmer und stand wahrscheinlich auch für Mundraub, Zechprellerei und Fahrradklau zur Verfügung. Warum denn nicht? Obwohl sie an 41 Tatorten ihre persönliche Spur hinterließ, blieb sie seit fünfzehn Jahren ungreifbar. Die Behörden tappten im Dunkel, stocherten im Nebel, fischten im Trüben: Mrs. Cool Killer blieb ein Phantom ohne Gesicht, ohne Namen, ohne Figur und body mass index. Das heißt, einen Namen hatte sie schon: UWP. Das aber hieß lediglich: Unbekannte weibliche Person, und faßte damit das polizeiliche Ermittlungsdebakel ganz gut zusammen. 

Was für eine Lady! Ihre Skrupellosigkeit, ihre Intelligenz, ihre legendäre Fähigkeit, an mehreren Orten gleichzeitig zu sein! Eine junge Frau ging – sprunghaft, spontan, sportlich und selbstbewußt sinnlich – ihren blutigen Weg und eroberte ganz nebenbei eine der letzten patriarchalischen Männerdomänen, die Schwerst- und Gewaltkriminalität. In schwülheißen, unruhig verschwitzten Sommernächten  träumte so mancher Mann, der in der Küche einen „Lebe wild und gefährlich, Arthur!“-Aufkleber an der Kühlschranktür hatte, davon, irgendwann einmal von dieser Frau entführt zu werden und, nach erfolgreich absolviertem Stockholm-Syndrom, mit ihr durchzubrennen und irgendwo zwischen Bad Ischl und den Bahamas als Prinzgemahl einer Unterweltkönigin ein neues, dezidiert unbürgerliches Leben zu beginnen! Hätte ich nicht bereits eine skrupellose Gattin, die sich aufs Pferdestehlen problemlos verstünde, wüßten wir bloß wohin mit den Gäulen, ich wäre eventuell auch schwach geworden. An der Seite einer skrupellosen Verbrecherin wäre man wenigstens immer „die bessere Hälfte“, und auf Parties könnte man sagen: „Kennen Sie eigentlich meine dunkle Seite, meine nächtliche Untiefe, meinen Geist, der stets verneint? Nein? Hier kommt er ja schon, darf ich vorstellen, meine Lebensgefährtin Ulrike Willamovitz-Paulsen!“„Hallo…“, wird sie dann mit der rauchigen Erotik-Stimme Lauren Bacalls hauchen, „…sagen Sie UWP zu mir…“

Seit gestern nun ist dieser Star feuchter Albträume Vergangenheit. Geplatzt wie eine in schwülheißen Sommernächten überbeanspruchte Gummi-Puppe von Beate Uhse („Echthaar, drei Öffnungen, realistischer Gesichtsausdruck“, Model „Sabrina“, „Cloe-Chantal“ und, gegen Aufpreis, die rothaarige Luxusausführung aus gefühlsidentischem Samt-Vinyl „Vanessa di Vagina“…)!  Die Meisterverbrecherin, die so gern einen über den Blutdurst trank und ihren Blutrausch dann ohne Erlaubnis des Vereinsvorsitzenden oder seines Stellvertreters in vereinseigenen Schrebergartenkolonien (Kein Zutritt für Nichtmitglieder!) ausschlief, hatte es nie gegeben! 

Gegeben hatte es lediglich eine Mitarbeiterin der Firma, die nicht-sterile (!) Wattestäbchen an die Kripo lieferte – die gute Frau hatte über Jahre die Dinger immer wieder mit ihren eigenen Körperzellen kontaminiert, sodaß die Ermittler überall, wo sie nach DNA stocherten, selbige auch bekamen – und zwar immer die gleiche!

Es bestätigt sich abermals die Prognose Immanuel Kants, daß die Gelehrten im Gebüsch keine Wahrheiten entdeckten, es sei denn solche, die sie selbst zuvor darunter deponiert hätten.

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5 Kommentare - “Albtraumfrau: Tod durch Wattestäbchen”

  1. donqyxote Says:

    Ganz ehrlich, als ich die Heilbronner Wattestäbchenmeldung gestern abend oder heute morgen gelsen habe, dachte ich als erstes, dass ich es Dir als Stichwortknochen zuwerfen sollte und als zweites, dass das Stichwort in deinem Spamordner landet und dann hab ich es gelassen…

    • 6kraska6 Says:

      @donqy: Danke, ich nehm die Absicht für die Tat. Ich finde die Geschichte klasse: Die beste Fahndung nach sich selbst seit Kleists „Zerbrochenem Krug“!

  2. joulupukki Says:

    Wunderbar! Die Story ist mir bisher entgangen! Das heißt aber auch, die Pole Position in der Eroberung der letzten Männerdomaine ist noch unbesetzt, ja?
    *nachdenklich die Messer schleifend*

  3. Norbert Jäger Says:

    na ja ich assoziiere bei Watte und einer schönen Unbekannten entweder die Gefügigmachung durch schnödes Chloroform oder andere Regelwidrigkeiten


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