Satire mit Politikerfressen
Weil ich gerade bei Joulupukki herumgelesen hatte, beschlich mich Wien-Nostalgie. (Und bald, wenn die liebe Sonne wieder lacht, bin ich im Wienerwald und probier an Heurigen!) Dabei erinnerte ich mich eines Beitrages, der nicht auf einem doofen Portal wie Qype verschimmeln sollte, wo er auch gar nicht hinpaßt, weil er nichts empfiehlt, sondern vom letzten Frühherbst in Wien erzählt, als dort gerade Wahlen bevorstanden. Er ging so:
„Eine Berufspolitikerfresse wie aus dem Bilderbuch! Nein, eigentlich schlimmer: Ein fast schon fleischpflanzerl-plumper, vom ewig unbegriffenen Leben verzeichneter, pubertätsakne-verwüsteter, imbeziler Kretin oder Schlehmil, der mit grenzdebilem, trotzdem falschen, ausgelaugten, gequälten, aber auch irgendwie verschlagenen Grinsen beinahe erbarmenheischend in die Kamera pliert, beklommen verklemmt, klebrig und kartoffelig, als sei er grade beim Onanieren erwischt worden, oder beim Schmiergeldeinstecken, Müllverbrennungsanlagen-Anträge-Durchwinken, oder was immer diese Politiker so tun, wenn der Tag lang ist. Dem Schmierlappen-Foto adaequat brüllt das Wahlplakat, denn darum scheint es sich zu handeln, und in Österreich ist ja gerade Parlamentswahl, “UNSER MANN – SPÖ”. Arme SPÖ. Das könnte ihr mieses Abschneiden erklären…
Ich stutze trotzdem. Zwar sind in ganz Wien Politikerköpfe plakatiert, und wie immer bieten sie eine Blütenlese verkommener, hinterhältiger, hypokritischer, heimtückisch verschlagener, unehrlicher, skrupelloser Berufsbetrüger-Nasen der Betrachtung an, keinem von ihnen würde ich auch nur erlauben, meiner alten Mutter über die Straße zu helfen, aber dennoch: Derart dämlich mopsfidel, kretinesk bis zur Schwachsinnsgrenze, vom Dauersaufen zu Tod erschöpft und wie ausgestopft aus dem Bild grienend tritt doch selbst in Österreich kein Politiker auf! Der sieht ja aus wie aus Rumänien re-importierter Operettenbuffo, wie re-animiert und mit dem Defibrillator noch mal fit gemacht als Wahlkasperl für Arme und Obdachlose! Ich zeige das Plakat der Gattin, die als politische Journalistin ja für Expertisen zuständig ist. Doch die zuckt die Schultern: “Wieso? Is doch normal…” – Also ich finde das immer noch nicht.
Im Weitergehen Richtung Secessionsgebäude schaue ich mich noch einmal um. Auf der Rückseite exakt der gleiche Linkmichel mit der gepuderten Erdäpfelnase und dem aufgeschminkten Backen-Rouge – nur … steht auf der Rückseite: “UNSER MANN – Die Grünen”. Aha! Hab ichs doch geahnt! Achtung! Satire! Oder gar Kunst? Ab und zurück und nachgesehen, und in der Tat findet sich ein kleines Schild an der Grünfläche, das auf eine Kunstaktion hinweist. Was lernen wir? Zuweilen genügt es, um die alltägliche Realität einen Rahmen zu bauen – zack! Satire! Und gute dazu. Wenn gute Kunst darin besteht, mit einfachen Mitteln sehr komplexe Gedankengänge erfahrbar zu machen, haben wir es bei der Pappplakatpappnase tatsächlich mit Kunst zu tun. Die fade Inhaltslosigkeit personifizierter Wahlkämpfe, bei denen Parteien ohne Programm, Aussage oder Plan allein um die Macht schachern, ihre Oberanzugsträger in lukrative Positionen zu bringen und absahnen zu lassen, wird auf schlichte, aber perfekt treffende Weise offenbar gemacht. Schade, daß es ein Unikat ist – ich hätte mir gewünscht, ganz Wien wäre mit diesem Kult-Kretin zugepflastert worden! Was hätte DER Stimmen bekommen!
Die Leute hätten sich gedacht: Wenn schon ein so fadenscheiniger, windbeutliger, verzweifelter Gebraucht-Loser mit einer derart verunglückten Kinderschänder-Visage Kandidat für ein hohes Amt werden kann, dann muß die SPÖ – oder die GRÜNEN, je nachdem, von wo man sich dem Plakat nähert – doch wahrhaft ein Herz für die Verlierer und Verlorenen, die Unbehausten, Unbegabten und Unterbemittelten haben! Die wähl ich mal!“
Da uns ja, wie die Medien jetzt schon sabbern, ein „Superwahljahr“ bevorsteht, sollte man mal überlegen, ob man den Wienern diese schöne Idee nicht mal stiebitzt. Visionen von bestimmten passenden Gesichtern geistern bereits durch die lustigeren meiner Albträume…
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15. März 2009 um 1:49 AM
Da hast Du eine schöne Erinnerung ausgegraben. Ja, Politik ist doch was schönes – zumindest als Satire-Inspiration. Mein Favorit des letzten Wahlaktionismus war dennoch die Aktion Doppelstimme. Leider hat die miesepetrige Wahlkommission jegliche statistische Auswertung der Doppelwahlstimmen verweigert.
15. März 2009 um 1:20 PM
I feel that this excellent article could have benefitted from the inclusion of the term: „K.u.K Demel Gesichtscreme“ as well as a video, so that we could enjoy the doubtless subtle and heavenly sounds of this man’s voice.
16. März 2009 um 11:55 AM
http://www.wieninternational.at/de/node/3054
http://www.loreal-paris.de/_de/_de/spokes/index.aspx
16. März 2009 um 11:58 AM
http://www.wieninternational.at/de/node/3054
16. März 2009 um 12:24 PM
Na, küss die Hand botschaftneukölln und danke. Dös issjo scheen!
Unser Mag. Kraska ist vehementer nicht-Raucher aber vielleicht kann er mit der Creme was anfangen!