Archiv für März 2009

To have and have not…

29. März 2009
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Nicht nichts: Easy Rider mit Spar-Harley

DAS FUTUR ZWEI DES ENTBEHRENS

Wenn ich mich nicht irre, gehört es zu den derzeitig geläufigen Scherzüblichkeiten, in bestimmten Kontexten mit beleidigt-wehleidiger Stimme melodramatisch seufzend auszurufen: „Wir hatten ja damals nichts!“, womit jüngere Leute gern die selbstmystifizierende Privatmythologie ihrer Eltern ein wenig zu veralbern trachten. Die satirische Spitze ist ja auch berechtigt, wenn und sofern jemand angesichts der vergleichsweisen Ungesegnetheit seiner Kindheit mit materiellen Gütern es für ein besonders hervorhebenswertes Verdienst hält, daß er heute dennoch, dick und stark geworden, überregional viel Platz wegnimmt, vor Bedeutung platzt und sozialbeachtlich herumlärmt. (Daß „Nichts-Haben“ des weiteren natürlich äußerst relativ ist, wie man beim Besuch von Kindern, die in Manila auf Giftmüllhalden wohnen, ganz gut studieren kann, bedarf hier keiner weiteren Erörterung…)

Da ich zur „Generation Drehwählscheibe“ gehöre, bzw. zu denen, deren Kindheit noch auf vergilbenden Schwarz-Weiß-Photos mit gezacktem Rand dokumentiert wurde, könnte ich immerhin mit einigem Recht den Kids vorjammern: „Jedenfalls, also, Foto-Handys, Nintendos, Spielkonsolen, Computerspiele, CDs, MP3-Player, DVD-Player, Pay-TV,  Flachbild, Digitalcamera, Net-Community, MyFace und Spacebook.com, Baggy-Hosen und Baseball-Caps, Wodka-Redbull, Klassenfahrt nach Rom, Erlebnispädagogik, Koma-Saufen & Amok-Laufen – so etwas hatten wir alles nicht!“

Stimmt ja doch auch! Selbst meine Harley (vgl. Foto!) war eine extrem abgespeckte DrittWelt-Ausführung, statt Handy hatten wir Dosen-Telefon und anstelle der DVDs bloß Kopfkino mit zwei Kanälen (1. Abenteuer: Blondes Nachbarmädchen aus Schurkenhänden retten, 2. Erotik: Sex mit dankbarem blonden Nachbarmädchen). – Aber war das schlecht, oder vielleicht eher gut? (Rhetorische Frage. Bitte hier nicht antworten!)

Die Ergänzungsbedürftigkeit kindlicher Ausrüstung sowie allgemein das Zu-Wünschen-übrig-Lassen der Realität trainiert früh den seelischen Phantasiemuskel und sorgt für blühende innere Kopflandschaften! Außerdem „hatte“ ich durchaus einiges: Ein nahezu unverwüstliches, reparatur-unanfälliges Fahrzeug (vgl. abermals Foto!); einen besten und engsten Freund und Blutsbruder (nämlich Gudrun, allerdings nur bis 12 Jahre, dann waren ihr plötzlich unterm Pullover Brüste gewachsen, sie war heimlich „eine junge Frau“ geworden, der Verräter! und ließ mich als dummen Jungen in kurzen Hosen zurück); ich war bewaffnet (Flitzebogen, Weckgummi-Katapult, Silberbüchse); ich hatte genug zu essen (Lieblingsspeise: Milch mit vollfett viel Kakao-Pulver und reichlich Zucker) und nachts wachte der lb. Gott in Vertretung von Mutti darüber, daß ich wg. dem blonden Nachbarsmädchen nicht zu handgreiflich in Wallung geriet. Außerdem hatte ich auch noch Eltern, die mich nicht verstanden, und mehr braucht man als aufstrebendes Kind gar nicht.

Nur eines habe ich meinem Vater, dem Geld-Verdiener und mittagstischlichem Weltherrscher, lange verübelt. Es mochte für ein Kind meines Alters und Geschlechts ja ungewöhnlich sein, aber mein Herzenswunsch war halt, neben der Anschaffung eines Hundes, der Besitz eines Klaviers. Selbstverständich bekam ich nie eines. Mein Vater hegte wegen meiner Leserattenexistenz und seitdem ich mir zum 7. Geburtstag eine „Negerpuppe“ gewünscht hatte, den heimlichen Verdacht, ich sei auf dem besten Wege zur Homosexualität, und das wollte er nicht noch durch unnötige musische Impulse unterstützen. Außerdem hatten wir für ein Klavier weder Platz noch Geld. Wutschnaubend besorgte ich mir daraufhin Schuhkarton, alte schwarze Schulheftumschläge und Kleber und baute mir eine Piano-Tastatur aus Pappe. Darauf gedachte ich, während ich mal wieder leichtes Fieber und Knieschmerzen simulierte, zuhaus im Bett, beim Schulfunkhören, auf der Bettdecke schon einmal das Klavierspiel zu üben; den dazugehörigen Klang mußte wie so vieles die Imagination übernehmen. – 

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Vater Heinz Haneld: Selber Klavier spielen und mir Wandergitarre predigen!

Wie man sich denken kann, geriet diese Übung zwar zur impressionablen Demonstration rebellenhaften jugendlichen Eigen- und Unabhängigkeitssinns, mündete jedoch nicht in die ersehnte Pianistenlaufbahn… Aber jetzt kommt erst das Schärfste: Jahrzehnte später finde ich ein Photo meines Vater im Alter von achtzehn Jahren, und zwar – an seinem Klavier! Der Hund! Der Sausack, der knausrige! Selber Piano spielen und anderen Wandergitarre predigen! Gut, die war dann zum Trost immerhin „drin“, für 49 Mark vom Quelle-Versand.

Zum Dank bin ich dann doch nicht schwul geworden, sondern nur so polymorph-pervers vielseitig interessiert…

Muttis preußisch-protestantischem Überwachungsgott habe ich schon früh gekündigt, aber ich bin immerhin bereit, gewisse, nicht näher zu bezeichnende höhere Mächte anzuerkennen: Ob man etwas hat oder ob man’s entbehrt: Man weiß nie, wozu es ( – Futur Zwei! – ) gut gewesen sein wird!

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Sie können nicht anders!

28. März 2009
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Gewährsmann Friedrich Nietzsche (1844-1900)

 DEUTSCHLAND IM GERECHTIGKEITSFIEBER

„Ganz Deutschland“, so informiert uns die BILD-Zeitung („Gierige Geldsäcke!“ titelt die offenbar gemeinnützige Obdachlosenzeitung des Springer-Verlags in ressentimentsabbernder Anbiederung), ist mal wieder im sozialen Gerechtigkeitsfieber! Aufreger der Woche sind natürlich die Manager-Deppen der Dresdener Bank, die sich öffentlichkeitswirksam Millionen-Boni auszahlen, nachdem sie Milliarden in den Sand gesetzt und dafür hilfsweise Staatsknete beansprucht haben. Tja, na ja. Jetzt, wo viele Menschen in der Krise um Job, Auskommen und Existenz bangen, kommen Ressentiments gut an, also springen alle auf den Sozialneid-Zug und grooven sich ein: Allen voran die Politiker der staatstragenden Parteien – die erst dafür gesorgt haben, daß ohnehin hochbezahlten Managern leistungs- und erfolgsunabhängige Bonuszahlungen vertraglich zugesichert werden können. – Freilich, auch wenn die „Geldsäcke“ nun reihum aufeinander zeigen und rufen „Haltet den Dieb!“, wird daraus noch keine Selbstkritik der besitzenden Klasse.

Ich persönlich finde ja, „geldgeile, inkompetente Manager“ ist sowieso ein Pleonasmus. (Wie? Ja, genau: Wie „weißer Schimmel“!) Auch Habgier wächst mit ihren Ausgaben. So what? Mich langweilen solche Geschichten! Geld, Geld, Geld! Ich gähne vernehmlich, und das nicht, weil ich etwa zu den Reichen und Wohlgestopften gehörte. Keineswegs! Aber was gehen mich die Millionen von irgendeinem verantwortungslosen Spekulanten-Arsch an? Soll er doch verrecken damit, oder glücklich werden, ist mir doch wurst! Ich sage das jetzt mal so unverblümt. Möchte ich vielleicht ein Leben führen wie dieses öde verkommene Superreichen-Geldpack?

 Als Feinschmecker sozialmoralischer Verwahrlosung hat für mich folgende Geschichte schon mehr Raffinesse: Offenbar eigens dafür abgestellte Spitzel der Stadt Göttingen haben einen Sozialhilfeempfänger dabei beobachtet, wie er sich in der Stadt ein paar Cent Zigarrettengeld erbettelte. Ganze € 7,40 hat er sich erschnorrt – was die Stadtbüttel, die jeden Cent offenbar mitgezählt haben, zu 120,00 Euro im Monat „hochgerechnet“ …und dem armen Schlucker anschließend als „zusätzliches Einkommen“ von der Sozialhilfe abgezogen haben! Solche Bürokrateseelen sind keine Monster, sondern „auch nur Menschen“! Nur haben sie anstelle des Herzens einen automatischen Bleistiftspitzer implantiert, und sie haben ihre Vorschriften. Man nennt das mit Hannah Arendt die Banalität des Bösen: Adolf Eichmann hatte persönlich ja auch nichts gegen Juden, aber mußte doch dafür sorgen, daß die Züge nach Auschitz und Treblinka fahrplangemäß verkehrten. Womit ich keine Gleichsetzung von Göttinger Sozialspitzeln und Nazis gezogen haben möchte – obwohl… warum eigentlich nicht? So mentalitätsmäßig?

 Gewährsmann Nietzsche, ein Mann mit heißem Herzen und verdammt kühlen Kopf, empfiehlt, mal die moralische Zentralperspektive außer Kraft zu setzen und die Sache nüchtern zu betrachten:

 Wenn der Reiche dem Armen ein Besitzthum nimmt (zum Beispiel ein Fürst dem Plebejer die Geliebte), so entsteht in dem Armen ein Irrthum; er meint, Jener müsse ganz verrucht sein, um ihm das Wenige, was er habe, zu nehmen. Aber jener empfindet den werth eines einzelnen Besitzthumes gar nicht so tief, weil er gewöhnt ist, viele zu haben: so kann er sich nicht in die Seele des Armen versetzen und thut lange nicht so sehr Unrecht, als dieser glaubt. Das Unrecht des Mächtigen, welches am meisten in der Geschichte empört, ist lange nicht so gross, wie esscheint. Schon die angeerbte Empfindung, ein höheres Wesen mit höheren Ansprüchen zu sein, macht ziemlich kalt und läßt das Gewissen ruhig… – während man unwillkürlich voraussetzt, dass Thäter und Leidender gleich denken und empfinden, und gemäss dieser Voraussetzung die Schuld des Einen am Schmerz des Anderen misst.“ („Menschliches, Allzumenschliches“, 1878)

 Das ist eine unbequeme Wahrheit – aber wo steht geschrieben, daß Wahrheiten uns immer schmecken müssen?

 

 

Albtraumfrau: Tod durch Wattestäbchen

27. März 2009
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Sie war wohl dann doch nicht der Panther: Halle Berry als Catwoman

A HARDBOILED PULP FICTION:

IMMANUEL KANTS ERKENTNISTHEORETISCHE PROGNOSE

Diese Geschichte ist hart gesotten, gnadenlos brutal und bleibt immer schön in der verschwiegenen Grauzone zwischen Gut und Böse, wie die Stories des Idols aller Kriminalliteraten, Raymond Chandler, der gestern seinen 50. Todestag feierte („Der lange Abschied“…) und dem die folgenden Zeilen gewidmet („Here’s to you, kid“) sind: 

Eine Frau wie ein schwarzer Panther! Halle Berry könnte sie spielen, oder, früher mal, Lauren Bacall, die erotischste Kettenraucherin in der Geschichte des Schwarz-Weiß-Kinos („Film noir„): die Teufelsbraut, den Satansbraten, die Schwarze Witwe, den Tod in Prada – Lautlos schlug sie zu, hart und unberechenbar.  Eine Serienkillerin der A-Klasse, ungeheuer in ihrem Blutdurst, irgendwie sexy in ihrer Gewaltbereitschaft, aber nicht die Spur arrogant oder elitär: Auch für die Niederungen der Kleinkriminalität war sie sich nicht zu schade. Wenn es terminlich paßte, erledigte sie auch kleinere Brüche in Schrebergartenhäuschen, stahl den alten Schulcomputer aus dem Lehrerzimmer und stand wahrscheinlich auch für Mundraub, Zechprellerei und Fahrradklau zur Verfügung. Warum denn nicht? Obwohl sie an 41 Tatorten ihre persönliche Spur hinterließ, blieb sie seit fünfzehn Jahren ungreifbar. Die Behörden tappten im Dunkel, stocherten im Nebel, fischten im Trüben: Mrs. Cool Killer blieb ein Phantom ohne Gesicht, ohne Namen, ohne Figur und body mass index. Das heißt, einen Namen hatte sie schon: UWP. Das aber hieß lediglich: Unbekannte weibliche Person, und faßte damit das polizeiliche Ermittlungsdebakel ganz gut zusammen. 

Was für eine Lady! Ihre Skrupellosigkeit, ihre Intelligenz, ihre legendäre Fähigkeit, an mehreren Orten gleichzeitig zu sein! Eine junge Frau ging – sprunghaft, spontan, sportlich und selbstbewußt sinnlich – ihren blutigen Weg und eroberte ganz nebenbei eine der letzten patriarchalischen Männerdomänen, die Schwerst- und Gewaltkriminalität. In schwülheißen, unruhig verschwitzten Sommernächten  träumte so mancher Mann, der in der Küche einen „Lebe wild und gefährlich, Arthur!“-Aufkleber an der Kühlschranktür hatte, davon, irgendwann einmal von dieser Frau entführt zu werden und, nach erfolgreich absolviertem Stockholm-Syndrom, mit ihr durchzubrennen und irgendwo zwischen Bad Ischl und den Bahamas als Prinzgemahl einer Unterweltkönigin ein neues, dezidiert unbürgerliches Leben zu beginnen! Hätte ich nicht bereits eine skrupellose Gattin, die sich aufs Pferdestehlen problemlos verstünde, wüßten wir bloß wohin mit den Gäulen, ich wäre eventuell auch schwach geworden. An der Seite einer skrupellosen Verbrecherin wäre man wenigstens immer „die bessere Hälfte“, und auf Parties könnte man sagen: „Kennen Sie eigentlich meine dunkle Seite, meine nächtliche Untiefe, meinen Geist, der stets verneint? Nein? Hier kommt er ja schon, darf ich vorstellen, meine Lebensgefährtin Ulrike Willamovitz-Paulsen!“„Hallo…“, wird sie dann mit der rauchigen Erotik-Stimme Lauren Bacalls hauchen, „…sagen Sie UWP zu mir…“

Seit gestern nun ist dieser Star feuchter Albträume Vergangenheit. Geplatzt wie eine in schwülheißen Sommernächten überbeanspruchte Gummi-Puppe von Beate Uhse („Echthaar, drei Öffnungen, realistischer Gesichtsausdruck“, Model „Sabrina“, „Cloe-Chantal“ und, gegen Aufpreis, die rothaarige Luxusausführung aus gefühlsidentischem Samt-Vinyl „Vanessa di Vagina“…)!  Die Meisterverbrecherin, die so gern einen über den Blutdurst trank und ihren Blutrausch dann ohne Erlaubnis des Vereinsvorsitzenden oder seines Stellvertreters in vereinseigenen Schrebergartenkolonien (Kein Zutritt für Nichtmitglieder!) ausschlief, hatte es nie gegeben! 

Gegeben hatte es lediglich eine Mitarbeiterin der Firma, die nicht-sterile (!) Wattestäbchen an die Kripo lieferte – die gute Frau hatte über Jahre die Dinger immer wieder mit ihren eigenen Körperzellen kontaminiert, sodaß die Ermittler überall, wo sie nach DNA stocherten, selbige auch bekamen – und zwar immer die gleiche!

Es bestätigt sich abermals die Prognose Immanuel Kants, daß die Gelehrten im Gebüsch keine Wahrheiten entdeckten, es sei denn solche, die sie selbst zuvor darunter deponiert hätten.

Der Osterhase – eine satanische Provokation gegen die Muslime!

26. März 2009
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Ayatollah Achman bin Noch'm Al-Fatih

FREITAGSGEBET:

WIDER DEN HEIDNISCHEN GÖTZEN „OSTERHASE“!

Bismallah ar-rahman ir-rahim! Brüder und Schwestern! Zierleisten des Glaubens! Allah ist groß! Heiß aber wie die Wüste zur Mittagszeit ist der Djhad gegen die Hunde, Schweine und Affen des Unglaubens! Möge Allah, der Barmherzige, sie in der Hölle grillen auf ewig! Und nix zu trinken dabei!

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Freche Provokation gegen die Muslime: der Osterhase!

Schon wieder haben die verflucht schurkischen Kreuzfahrer und Feinde Allahs eine ungeheure Provokation gegen den gottgefälligen Glauben des Islam und den Propheten Muhammad (Friede sei mit ihm und Allahs Segen auf seinen Schultern) gestartet! Möge Allah, der Liebenswürdige, sie grausamst strafen! Sie paktieren mit den dreimal unreinen Juden, Allah zerschmettere sie zu Brei, sie hindern die Kinder der gottgefälligen Muslime, in der Schule etwas zu lernen, den Hlg. Qur’an auswendig zum Beispiel, und vergiften das Herz der Gläubigen-mit-Migrationshintergrund durch die Beschwörung von verbotenen polytheistischen Dämonen. Allah wasche mir den Mund mit Sand und Scheuerseife aus, daß ich die Namen der abscheulichen Abgötter und heidnischen Teufel nenne: Konsum, Porno, Weihnachtsmann, Sozialhilfe, Hartz4 – und jetzt holen die kreuzfahrerischen Christen aus dem Höllenfeuer noch einen neuen Dschinn: das Untier, das sie „Osterhase“ nennen!

Ist der Osterhase haram oder etwa halal, Ihr Brüder und Schwestern? Nun, wie unser seliger Prophet (FsmIuASasS) gesagt hat, der Osterhase ist, verdammt noch mal, haram wie die Hölle! Heißt es denn nicht auf Spule 41, Vers 19, § 3: „Der Hase aber und alles was ein Stummelschwänzchen trägt und rammelt, sei euch unrein, daß ihr es meidet, verscheucht und nicht zu euer Rechten anseht!“? Unsere Hlg. Hadithe sagen zudem: Wer versehentlich Hasenbraten gegessen hat, soll sich von Sonnenaufgang bis zur Dunkelheit gen Mekka wenden und den Mund mit Sand und Scheuerseife auswaschen!“

Wer aber dem schurkischen Treiben der Christen und Ungläubigen Gefährtenschaft bietet, auf daß er muslimische Kinder verführe, den Osterhasen anzubeten und sich von ihm Süßigkeiten schenken zu lassen; wer in den Kindergärten und Schulen der ungläubigen Hunde, Affen und Schweine rechtgläubige muslimische Kinder zwingt, um den Goldenen Hasen zu tanzen und ihm Nester zu bauen oder Eier mit frevlerischen Farben zu bemalen, den möge Allah, der Barmherzige und Friedfertige, auf Ewigkeit täglich foltern, peitschen, brennen, vierteilen, mit dem Schwerte stechen und dem heißesten der heißen Höllenfeuer brennen, zerschmettern, zu Brei hauen, vernichten und verdammen! Allahu akhbar! Die Ungläubigen sind selber schuld! Sie beten den Osterhasen an! 

Was aber ist das Gebot der Gäubigen? Dschihadschihadschihad (Gesundheit!) gegen den hassenswerten Osterhasen, den Schurken-Dämon der Kreuzfahrer, den Provokateur der Muslime und Todfeind des Propheten Muhammad (FsmIuASasS)! Die Kufur, die Ungläubigen hüllen den Dämon in Schokolade, aber heimlich füllen sie ihn mit berauschender Likör-Füllung, um den Muslimen strafwürdiges Verderben unterzujubeln! Nieder mit dem Osterhasen! Tod den stinkenden, feigen Juden! Feuer und Bomben auf die Ungläubigen! Und Finger weg vom Likör!

Brüder und Schwestern, eines noch: Man fragt aus der Umma, ob man den christlichen Dhimmi zu Ostern gratulieren soll. Die Fatwa vom Wesir der Obersten Glaubensuniversität für das Studium von Richtig und Falsch, Scheich Abu Allahand-Fragen, ist eindeutig: Welcher Gläubiger dies tuet und spricht: „Frohe Ostern“, den schaut Allah beim Jüngsten Gericht nicht an, den kennt er nicht, den grüßt er nicht, den schickt er in die Hölle zum Brennen! – Sagt vielmehr reinen Herzens: „Verreckt, Ungläubige, kriegt Karies und Schwurbel von der ganzen Likörfüllung! Allah soll euch zerschmeissen!“ – Aber, Brüder und Schwestern, sprecht diese Worte höflich und mit freundlichem Gesicht, damit die Ungläubigen nicht sich wider euch erzürnen!

Nun gehet hin und tut viel Werke der Liebe, damit Allah euch belohnt!

Birnbaums Früchte…

25. März 2009
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Feuerwerks-Hauptmann der 14. kaiserl. Artillerie-Brigade R. A. W. Haneld (1842-1910), Träger u. a. des Roten Adler Ordens 4. Klasse

 

In memoriam:

Hermann Tietz (1837-1907)

Noch immer wühle ich in alten Familienpapieren, betrachte ausgeblichene Photographien und dann Daguerrotypien von preussischen Militärs, die meine Vorväter waren, blättere in Offizierspatenten und Ordensurkunden, Personaldokumenten, Passierscheinen und Zeugnissen. Ein Schulzeugnis von 1854 bescheinigt meinem Urgroßvater, zwar „gut“ in Religion und Singen, indes nur bloß „sehr mittelmäßig“ in Geometrie und Zeichnen gewesen zu sein – er wurde später Artillerieoffizier, Topograph und Karten-Zeichner. Mit dem Roten-Adler-Orden ausgezeichnet für die Belagerung und Beschießung von Paris im Krieg 70/71. Schau an, sein Polnisch war auch nicht gut! Polnisch?

Ja. Meine Familie stammt väterlicherseits aus Birnbaum, einem Kleinstädtchen, das heute Międzychód heißt und in der Woiwodschaft Großpolen liegt. Seit mindestens 1772 waren meine Vorväter dort ansässig. Ein paar von ihnen, z. B. die Urgroßonkel Wilhelm und Christoph Reinhold, wanderten nach Amerika aus, nahmen auf seiten der Nordstaaten am Bürgerkrieg teil, fielen vielleicht (ich kann das Träumen und Mystifizieren nicht lassen!) möglicherweise sogar Indianerüberfällen zum Opfer. Jedenfalls hat bislang kein reicher Onkel aus Amerika vor meiner Tür gestanden, um mir sein NewYorker Geldhaus zu vererben. Ich weiß auch gar nicht, ob ichs nehmen würde. – Zurück zu Birnbaum, das vom Wiener Kongreß 1815 Preußen zugeschlagen wurde und unter deutscher Herrschaft bis 1919 blieb. Gern würde man sagen, Polen, Deutsche, Katholiken, Protestanten und Juden hätten in Birnbaum friedlich zusammengelebt. Doch es scheint Spannungen gegeben zu haben, Repressionen, Pogrome, Aufstände. Seit jeher war Polen ein Beutestück der europäischen Großmächte gewesen, die an ihm herumzerrten wie Hyänen an einer toten Ziege.

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Vor der "Arisierung"

Fünf Jahre vor meinem Urgroßvater, 1837, wird im 6000-Seelen-Städtchen Birnbaum einer seiner berühmtesten Söhne geboren: Hermann Tietz. Hermann und seine Neffen Leonhard und Oscar (geb. 1849 und 1858 in Birnbaum),  Sprößlinge einer deutsch-jüdischen Kaufmannsfamilie, werden als erste in Deutschland die neue amerikanische Erfindung der Kaufwarenhäuser umsetzen und verwirklichen. Hermann Tietz baut mit Fleiß, Intelligenz und unternehmerischem Geschick den Hertie-Konzern auf, Leonhard und Oscar Wertheim und den Kaufhof-Konzern. Weltstädtische Konsumpaläste wie das Wertheim am Alexanderplatz, das KaDeWe oder das Alsterhaus am Hamburger Jungfernstieg lassen die Metropolen des Deutschen Reiches Anschluß an Paris und London finden.

Der Erfolg der Tietzes weckt den Haß der Nazis und die Begehrlichkeiten der deutschen Banken. Schon lange hetzen die Faschisten in Berlin gegen die „Judenkaufhäuser„. Kaum an der Macht, organisieren sie am 1. April 1933 einen „BoykottTag„. „Kauft nicht bei Juden! Rettet den deutschen Mittelstand vor dem Weltjudentum!“ heißt es auf Schildern. Banken ziehen Kredite zurück, die Presse hetzt, Kunden und Geschäftsfreunde werden durch Terror eingeschüchtert. Vor den Warenhäusern kommt es zu blutigen Zusammenstößen. Plünderungen drohen. Jetzt geht es Schlag auf Schlag, im Eiltempo. Die jüdischen Direktoren werden hinausgeworfen, die Besitzer enteignet. Die „Arisierungs„-Geier kreisen über den Kaufhaus-Konzernen, die fast 40.000 Menschen Arbeit geben. Die drei deutschen Großbanken, die Deutsche, die Dresdener und die Commerzbank, treiben die Tietzes in den Ruin. Sie müssen ihre zig Millionen schweren Aktienpakete für ein Spottgeld an „arische“ Interessenten (u. a. den berüchtigten „Kaufhaus-Räuber“ Helmut Horten) abgeben. Den kümmerlichen Erlös von 800.000 Reichsmark müssen sie auch noch zurücklassen, als sie noch 1933 Hals über Kopf aus Deutschland fliehen müssen. Schon am 5. April 1933 sind alle Warenhäuser in „arischem“  Besitz – und die Kredite der drei deutschen Großbanken sprudeln wieder…

Hermann Tietz und seine beiden Neffen haben diesen geschichtlich beispiellosen, durch Staatsterrorismus gedeckten Milliardenraub an ihrer Lebensleistung nicht mehr mit ansehen müssen. Hermann Tietz starb 1907 und liegt auf dem Jüdischen Friedhof Berlin-Weißensee begraben. Wie ins Leben, so folgte ihm mein Urgroßvater ihm auch in den Tod mit kurzer Verzögerung. Sein Sohn, mein Großvater, krepierte 1916 nach der Marne-Schlacht als 40-jähriger im Antwerpener Lazarett. Sein Sohn wiederum, mein Vater also, hat ihn nicht mehr kennengelernt. Birnbaum, inzwischen deutsch- und judenfrei, hat alle seine nicht-polnischen Bewohner vertrieben. Es soll heute, dank wunderschöner landschaftlicher Umgebung, ein florierender Ort sein, ein Dorado für Angler-Touristen.

Heute ist alles längst Geschichte. Die Toten sind begraben. Das Leben, wie man so sagt, geht weiter…

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Meine Großtante und der senfgasgelbe Lautsprecher

24. März 2009
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In memoriam: Elisabeth Haneld † 1953

IN MEMORIAM: 

ELISABETH HANELD

Meine Groß- und Patentante Elisabeth ist schon lange tot, sie starb, von Krieg, Hunger und Nazi-Terror zermürbt und ausgezehrt, schon ein Jahr nach meiner Geburt. Ich kenne sie nur als Familienmythos: Die Malerin, Musikerin und engagierte Pädagogin, die entschiedene Antifaschistin, die 1935 oder 36 gemeinsam mit ihrer Freundin und Lebensgefährtin, einer Schulrektorin, den Staatsdienst in Berlin quittierte (wohl war nach dem Nazi-Gesetz über die Wiederherstellung des Berufsbeamtentums 1933 ihre Stellung unhaltbar geworden), aus der Stadt verschwand und untertauchte. Zehn Jahre hausten die beiden in einer Hütte oder Laube südöstlich von Berlin, zwischen Erkner und Buckow, dort, wo Bertolt Brecht seine „Buckower Elegien“ schrieb. Ohne Lebensmittelkarten, hungernd, vom Nazi-Apparat gesucht und verfolgt, unter den Feuerstürmen der alliierten Bomberflotten verbrachten sie ihre besten Jahre  mit dem Kampf ums nackte Überleben.

Uns blieben ein paar Bilder und Zeichnungen, einige Fotos und ihre Violine…

Jetzt, nach fünf Jahrzehnten, erreichen mich plötzlich zwei „Zeichen“ aus der Vergangenheit. Zum einen bin ich bei Internetrecherchen über eine Notiz im Fürstenwalder Amtsblatt auf den Namen der beiden Frauen gestoßen – und damit auf das Grundstück, auf dem versteckt sie das III. Reich überstanden!  Zum anderen tauchte ein kleines Skizzenbuch meiner Großtante wieder auf, das sie in den Untergrundjahren benutzt hatte. Elisabeth H. war in der Hauptsache Landschaftsmalerin, sie liebte die Märkische Schweiz mit ihren Wäldern, Hügeln und schilfbestandenen Seen, Gegenden, deren Stimmungen sie immer wieder aufs neue zu Papier brachte. Am Ende gibt es nur noch wenige Blätter mit Skizzen: Der strenge Katastrophenwinter 1944/45 schlägt sich nieder in toten, schneebedeckten und frosterstarrten Bäumen und Sträuchern. Dann ist Schluß. Es folgen nur noch leere Blätter.

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Winter 1944/45: Das Ende ist gekommen

Oder, nein, eines, ganz hinten, ist noch benutzt. Eine der seltenen Porträtskizzen Elisabeths: Auf Papier von der Farbe der senfgasfarbenen Nazi-Ausgehuniform hat sie die Fratze von Joseph Goebbels karikiert. Lakonisch steht unter Fanatikerfratze mit den brennenden Augen: „Der Lautsprecher„. – „Wollt ihr den totalen Krieg?“ hatte der gekreischt, und zigtausend Stimmen haben zur Antwort „Jaaa!!“ gebrüllt. Sie haben ihn dann ziemlich postwendend bekommen, ihren totalen Krieg, und ein Berlin, unbewohnbar wie der Mond. 

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Der senfgasgelbe "Lautsprecher"

Meine Mutter, selbst noch ein halbes Kind, von den Nazis zur Knochenarbeit bei der Straßenbahn gepreßt, mußte morgens auf dem Weg zum Depot über die zum Abtransport zurechtgelegten Leichenstrecken der Berliner Bombenopfer steigen. Die meisten waren im Feuersturm auf Kindergröße geschrumpft und verkohlt. Mit der Erinnerung hat sie noch 60 Jahre leben müssen, oder dürfen.

Meine Großtante hat das Nazi-Pack überlebt, immerhin. Die Erinnerung an Menschen, die sich vom „Lautsprecher“ weder einschüchtern noch verführen ließen und es wagten, „Nein!“ zu sagen, gehört zu den Dingen, die uns die Geschichte ertragen lassen.

Luxusleiber, Entenstimmen: Wir sind Heidi Klum!

23. März 2009
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Nicht wie Heidi Klum: Magersüchtiges Model

HEIDI-KLUM-LOOKALIKES BEIM COCACOLA-SPASS

Es muß kurz vor Feierabend gewesen sein, als der Schöpfer Heidi Klum ihren Body zuteilte. In der Eile vergaß er, die hübsche Hülle innen zu füllen. Damit will ich nicht behaupten, daß Frau Klums Innenleben gänzlich aus Sägemehl besteht; wohl aber, daß die arme Attraktivitätsattrappe gezwungen ist, mit einer Stimme herumzulaufen, die einem kleinen gelben Plastik-Quietscheentchen mit Gewalt entrissen worden zu sein scheint. Manche werden sagen, ja, und? „Barbie“ – die ja heuer auch schon in die Wechseljahre kommt – konnte noch überhaupt nicht sprechen! Ästheten hingegen entgegnen: So etwas geht heute gar nicht mehr! 90-60-90er Blondinenweiber mit Luxusleibern, – und dann die Intelligenz einer feuchten Scheibe Weizentoast! Und dazu diese entsetzliche Quietschentenstimme! Das will unserem modernen Frauenbild gar nicht mehr schmecken! 

Und jetzt huscht die Fleisch gewordene Vorspieldose ja auch noch durchs Fernseh, macht komische Geräusche und quietscht Tumbheiten ins Mikro, die als männermörderische Hohlmuschel-DummDumm-Geschosse eigentlich unters Kriegswaffenkontrollgesetz fallen. Frau Klum kommandiert, kujoniert oder schikaniert da, man weiß es nicht genau, als eine Art Schnallentreiberin oder so, ein Rudel hipper Jung-Tussies (z. B. die Jennifer, Chantal, Leonie-Lena, Valerie, Cloe und Samantha), die offenbar keine größeren Wünsche kennen, als a) in immer kleinere Kleidchen zu passen und ansonsten b) haargenauso zu sein wie Kommandeuse Heidi Klum! Inkl. Entenstimmchen, schnatterquakquaak.

Schlimm leider: Der Ententeich ist oft genug ein Haifischbecken! Nicht alle kommen durch. Einige Schnallen gehen baden, können kein vernünftiges Wort Englisch außer „shoppen“ und „Händi“, wundern sich, warum die Amerikaner in LA nachts das Licht brennen lassen oder brechen sich unbeherrscht die extraordinär langen Streichholzbeine, weil sie das elegante Stöckeln auf HighHeel-Schühchen nicht beherrschen. Autsch, Pech, – raus! Dem „Playboy“ zum Fraß vorgeworfen mit Haut und Knochen. Mehr ist ja eh nicht. 

Tussen mit Gewinner-Gen und Stöckelpumpsführerschein hingegen dürfen dafür gleich im Fernseh bleiben und uns weiter multimedial auf den Senkel gehen. Zum Beispiel kommen sie in die CocaCola-Reklame. 

Die CocaCola-Reklame ist ein Episodenfilm (Farbe, 25“) mit dem bestürzend preziösen Titel „Nur du bist du!“ Es ist ein Stummfilm mit Musik, das heißt, die tragenden Frauenrollen sind sprachlos. Ohne Text. Entchen hat mal Pause. Schon nicht schlecht! In der ersten Episode fährt eine jüngere, sommerlich leger bekleidete Heidi-Klum-Lookalike-Contest-Gewinnerin einen auffallenden Kleinstwagen aus der Tiefgarage. Feuerrote Fiat 500 „Topolinos“ mit Schiebedach, die aus Parkhäusern kommen, gelten unter Freudianern bekanntlich als ausgemachte Mösensymbole. Die junge Fahrerin ist aber mördergut drauf, denn sie kennt keinen Penisneid. Den scheint aber der junge Mann in der Parallelspur zu hegen, denn er sitzt in einem schweren Kompensationscabriolet, ist in einem typischen Porschloch-Auto, vielleicht ist es auch ein Daimler mit zu kleinem Benz, „unterwegs“. Weil aber die rote Fiat-Schnalle vor guter Laune schier platzen will, fährt sie dem doof hinterherschauenden Penisheini lachend davon, nicht ohne michael-schuhmacherhaft das Siegesfäustchen zum Schiebedach hinauszurecken. –

Nächste Episode: Eine rothaarige (Natur?) Trulla heiratet „in weiß“ (psychoanal. Symbol für GV-unerfahren!), will aber nicht bis zur Dienstreise oder bis zur Scheidung warten, sondern verarscht den dümmlichen Ehe-Deppen gleich an Ort und Stelle, indem sie, prähysterisch-uralter Clownstrick, auf dem Hochzeitsfoto mit gespreizten Fingern ihrem Gespons heimlich von hinten symbolische Hörner aufsetzt (psycho-symbolisch für: Hörner). Die Braut strahlt über den gelungenen Scherz und die zu erwartenden Unterhaltszahlungen wie ein zuckerfreies Honigkuchenpferd.

Episode drei: Ein Modelmannequin mit häßlicher Badekappe (beige mit braunen Applikationen; Symbol für: Klimakterium) macht in einem Wellness-Pool, an dessen Rand sorgfältig gurken- oder joghurtbreimaskentragende, in hoteleigene schneeweiße (Unschuld!) Frotteeflauschigkeiten eingemümmelte postklimakterielle Damen der Ruhe in Liegestühlen pflegen, eine sog. „Arschbombe“, wodurch die Ruhedamen ordentlich naßgespritzt (symbol. für: Sexualität) werden. Unter Wellness-Zicken natürlich ein Heidenspaß!

Schlußepisode: Eine Businessklassefrau im Economykostüm macht vor dem Aufsichtsrat oder so eine Art PowerPointPräsentation. Kennt man ja. Aber jetzt taucht glucksenderweise ihr humorvoller Powerfrauschwesterscherzkeks im Businesskostüm auf und treibt allerhand Allotria und Possen: Quetscht von außen ihre Nase an die Glastür, womit sie ein ganz bizarr lustiges Grimassengesicht zustande und ihre Businesskollegin heillos zum Lachen bringt. Es ist zum Schenkelklopfen irre spaßig, das alles! Schauspielerleistungsmäßig schon glatt oskarreif, dieses Gesicht gehört auf den Roten Teppich! Oder drunter zumindest!

Nach dem letzten lustigen Streich der kleinen Strolche ist Abspann: Fetzmusik, Abbild einer Flasche CocaCola und der Satz: „Nur du bist du!“

Klar. „Ich“ bin ja schon ich! Zum Glück ist die Gattin zur Stelle, nimmt mir sanft die Kettensäge aus der Hand und fragt, ob ich jetzt meine Medikamente möchte.

 

Arnold Winterseels Jour Fixe (IV): Zwei, drei Flaschen Wein gegen die Gottesferne

20. März 2009
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Maulana Dschelaleddin Rumi: Wein der Unsterblichkeit?

ÜBER GOTT NUR IN DER ICH-FORM!

Freund Fredy Asperger  tüftelte zuhause an einer kniffligen Fern-Mikado-Aufgabe und erklärte sich am Telefon „mit freundlichen Grüßen“ (!)  für „derzeit unabkömmlich“. Die charmante Miß Cutie indes war angeblich kellnern – sie trachtete seit Frühlingsausbruch das Geld zusammenzubekommen, um sich „endlich mal die Nase machen zu lassen“. Hauke und Hinrich, die Aquavitzwillinge, waren zur alljährlichen Windjammerparade nach Kiel, glaub ich, und Oma Hager ließ sich von Sven-Aaron Mangold, unserem Einserjuristen und Gelegenheitsgigolo, zum Frisör kutschieren, um sich eine frische silberfuchsblaue Haarhaube verpassen zu lassen. Ich machte mir also gewisse Hoffnungen auf ein Privatissimum bei meinem Traurigkeitslehrer Dr. Winterseel. 

Tatsächlich waren im Salon außer einigen mir unerheblich dünkenden Komparsen nur Nachbarschaftsmystiker Enver Konopke und Literaturpapst Blankenvers zugegen. Man diskutierte über die These des Sufi-Süffels, der tägliche Konsum „von etwa zwei, drei Fläschchen Wein“ sei in der Lage, die allenthalben beklagte und und ja auch durchaus  beklagenswerte moderne Gottesferne zu mindern. Er stütze sich, so Konopke, da im wesentlichen auf den mittelalterlichen Derwisch Maulana Dschelaleddin Rumi – die Aussprache des Namens meisterte er wie ein gefährliches Abenteuer sowie unter Aufbietung einiger entbehrlicher La-le-las –, und rezitierte dessen unsterblichen Vers: „Bevor es Garten, Weinstock oder Traube gab in dieser Welt / War unsere Seele bereits trunken vom Wein der Unsterblichkeit“.  – Die bereits pränatale Betrunkenheit Konopkes wollte Blankenvers nun zwar gern konzedieren, bezweifelte das mit der Unsterblichkeit aber energisch. Als Vertreter des medizinischen Materialismus, so der Magister, halte er Konopkes des öfteren vermeldete mystische Visionen eher für „Anzeichen eines handfesten Korsakow-Syndroms“, wie es für chronische Alkoholiker typisch sei; auch werde er, bevor er „Gott sähe“, es wohl erst einmal mit ekligen kleinen Tieren an der Krankenhauszimmerdecke zu tun bekommen, prophezeite er gallig. Weitere herzlose Gehässigkeiten des Magisters, Leberzirrhose und Delirium tremens u. ä. m. thematisierend, induzierten bei Enver Konopke ein derart vernichtend intensives, anfallartiges Erlebnis der Gottferne, ja untröstlichen Gottlosigkeit, daß er vor metaphysischer Erschütterung einen Weinkrampf (!) erlitt. Dieses Schauspiel erreichte bereits das Stadium der definitiven Unerfreulichkeit, als mir der wohlgefüllte silberne Flachmann in meiner Jackentasche einfiel, den ich dem in Tränen aufgelösten Gottsucher Konopke umgehend anbot. Er nahm einen tiefen, langen Schluck vom Scotch, stutzte kurz über den ungewohnt rauen Geschmack, entspannte sich dann aber, sah mich mit noch tränenblinden, aber glutvoll verliebten Augen an, stürzte auf mich zu und verabreichte mir unversehens einen nassen, durch den borstigen Schnauzbart in seinem Gesicht noch unausweichlicher ausfallenden Kuß auf den Mund, wandte sich dann um, mit ausgestrecktem Arm und vor Erregung zitterndem Finger auf den Lyrik-Lektor weisend, indem er mit fürchterlicher Stimme schrie: „Da sehen Sie es! Da sehen Sie es!“ Mit diesen Worten stürzte der kleine kugelige Mann – unter Mitnahme meines Flachmannes –  aus dem Zimmer, um, so vermute ich, die neu gewonnene Gottesverbindung nicht gleich wieder abreißen zu lassen.

An diesem Abend, Blankenvers empfahl sich, von dem Zusammenstoß mit Konopke noch konsterniert, schon früh, sprach ich dann in der Tat lange allein mit Arnold Winterseel. Er sagte mir ungemein Kluges, Trostreiches und Beherzigenswertes über die Anmut des Scheiterns, die Blindheit der Gewinner und über die hellsichtigen Untergeher und Wandler am Abgrund; er sprach von den herrlichen Dichtern, die es verschmäht hätten, auch nur eine Zeile zu veröffentlichen, und erzählte von helläugigen Mystikern, die von Gott nur in der Ich-Form gesprochen hätten, weil „sowieso alles Eins“ wäre und Gott in der dritten Person zu nennen schon den Frevel des Dualismus heraufbeschwöre. 

Zum Schluß verriet er mir noch das gnostische Geheimnis, wie man es durch Autosuggestion und Atemkontrolle  vermeiden könne, zu wirken, als sei man von allen guten Geistern verlassen; leider, zu meiner nicht geringen Ernüchterung schloß Winterseel jedoch mit den Worten: „Aber, mein lieber Bruno, das bleibt unter uns, nicht wahr?“  – Tut mir leid, Freunde!

Kürzlich in Afrika…

18. März 2009
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MC Benedix "das Sechzehntel"

GANGSTA-RAPPER AUS ROM SCHWÄRZT NEGER  AN!

Ist es politisch korrekt, zu sagen, aus Afrika kommen komische Geräusche? Ich glaub schon, denn es geht ja nicht um das, was mein Vater noch gewissensbißlos „Negermusik“ nannte. Den ressentimentgeladenen Satz „Mach gefälligst die scheiß Negermusik leiser!“, den ich in meiner rebellischen Rock’n’Roll-Jugend leider noch reichlich zu hören bekam, benutzen heute die schlimmsten Rassisten nicht mehr. Heute sind Musikhörer auf beiden Ohren farbenblind: Ob Roy Black, Jack oder Barry White, Joel Grey, Adam Green, Roberto Blanco, James Brown, die Blue Man Group, die Violet Femmes oder die Red Hot Chili Peppers: Wir hören die Farbe schon gar nicht mehr raus. – Aber jetzt mal was ganz anderes: Lebt eigentlich der nervige, alte Wirrmichel noch?

Klar lebt der, pumperlgsund und puppenlustig sogar, wie es nur der ausgestopfte Reliquiensack aus der Heiligen Geisterbahn hinbekommt: Benedix „das Sechszehntel“, Vize-Vorsitzender des Universums vulgo Stellvertreter Gottes, Plage der Menscheit und Narrenprinz beim traditionsreichen katholischen Lach- und Schießverein. Er hat sich grad vom Kurienchor St. Bitterindenfeldern wieder vorsingen lassen, was in der Bibel über die sieben Plagen steht, die der Chef einst den Ägyptern schickte. Angemacht und aufgekratzt ließ er daraufhin seine Schranzen, Knappen und Pagen den vatikanischen Flieger satteln, bestieg diesen und rief: „Ich will verdammt sein, wenn die Zeit nicht reif ist für eine neue Plage! Afrika, ich komme über dich!“

Kaum gesagt, schon passiert: Ein flottes rotes Mützchen auf dem Kopf, seine schneeweiß gebügelte Schlafrockkutte umgetan, wackelt der große greise Weiße Mann des Gangsta-Rap die Gangbangway herunter, küßt den Boden des vor Freude erbleichenden Schwarzen Kontinents flüchtig auf beide Backen und will sofort mit dem Geräusche-Machen anfangen. Aber was auf die Schnelle aufsagen? Ratloses head scratching! Die Gemeinde steht schwarz und schweiget. Einfach den erstbesten Hirnschrott, der durchs Gebälk der St. Alzheim-Basilika rieselt? But’s your turn now, dude, you’ve got only one shot, one opportunity, das Mic ist auf, die Crowd will grooven und dancen!  Also wirft MC Benedisc den Geräusche-Werfer an: 

Yo! Holla, Niggah, Whigger und Wanker! Liebe Homies, Honks und Hustler! Schwestern, Chicks, Chalas und Bitches! Pimps, Pussys und Papisten! Fuck you bzw. gesegnet sei mein Name! Ich bin MC Bigdix the Semiquave, the Original Gangsta from Rome, euer Ticker, euer Dopeman, peace! Ich höre vollkrasse bad news: Ihr seid alle scheiße krank, derbe sick, yo! Struggelt mit AIDS und so, ihr Muthafuckah. Mann, mann, 22 Milionen AIDSies, das ist fett, yo, Opfer, ich will euch nicht dissen, aber da seid ihr echt fett gefickt, word? Aber apropos, bros & sistas: Ihr seid selber schuld, homies, ihr habt euch sick gefickt, habt euern magig stick zu oft den mamacitas gesteckt, yeah! Und jetzt die hook, die punch line, Leute:

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Die Jugend hört Geräusche – aber versteht sie die auch?

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Finger weg von Kondomen! Schluß mit Schnackseln!

Kondome machen AIDS, machen alles schlimmer,

Kondome helfen nie und nimmer

Kondome sind des Satans Säckchen.

Ein jeder trage doch sein Päckchen,

Fuck the WHO! Fuck the WHO!

Denn gefickt, ihr Niggah, seid ihr sowieso!“

Schmunzelnd entschwebt Big Popa Bonehead dem kranken Kontinent. Er ist mit sich zufrieden. Noch immer findet er für die Probleme der Zeit eine zeitgemäße Sprache. Und das seit 2000 Jahren! Es ist zum Heulen … schön. 

Bleibt ein letzter frommer Wunsch: Lieber Gott, laß ihn sich angesteckt haben…!

Zwischen den Tagen: Alles über Frauen…

17. März 2009

…ZWISCHEN FRAUEN- UND MUTTERTAG

„Alles Nutten außer Mutti!“ – diese nur allzu griffige Formel frühzeitlicher Problem-Schnarchbären und Muttersöhnchen spiegelt ein total verqueres, durch Gewalt-Internet und masturbatorischen Computerporno („Ego-Shooter“!) künstlich zementiertes Frauenbild, das wir heute strikt anprangern und aufs Schärfste zurückweisen! Der „neue Mann“, ein stahlhartes, wald-, wiesen-und wüstenerprobtes Abenteurerweichei mit postmodernen Ecken und abgerundeten Kanten, fluffigen Breitschultern zum Anlehnen und Sixpacks, wo sie hingehören (Eisschrank), ein prickelnd bi-erotischer, geistvoll-muskulöser Kuschelkumpelkerl („beste Freundin“), der zuhören und ohne weiteres mit „ihr“ Pferde stehlen kann, aber auch unter Holzfällern, Bohrinselarbeitern und viril verschwitzten HeavyMetal-Schlagzeugern eine gute Figur abgibt, der „neue Mann“ also spricht, sei es in zittrigem Counter-Tenor sei es mit männlich-sahnigem Bariton: „Mutti, ich gehe! Ich ziehe aus!“ –  „Sohn…“, antwortet es mit der typisch wehleidigen, extrem schuldbewußtseinseinflößenden Leidensstimme der unausweichlichen Mutter, „…hast du etwa eine andere? Ist eine bedeutend Jüngere im Spiel, sodaß ich dir eventuell nicht mehr gut genug vorkomme?“  Wie immer hört Mutti nicht zu, wenn man ihr antwortet: Sie springt aus dem Fenster, denn nach 38-jähriger Mutterschaft hat ihr Leben nun keinen Sinn mehr. Männlicher Feminismus ist ohne Opfer nicht zu haben: Nur wer die Mutter „zu Tode enttäuscht“, kann den Vater des inneren Kindes in sich befreien! 

Draußen in der Welt kann er sich nun, ohne daß Mama ewig dazwischenfunkt, eine fremde Frau zur Gründung einer echt erwachsenen, partnerschaftlichen Beziehung suchen, einer Beziehung auf Augenhöhe, die auf Respekt, gegenseitigem Vertrauen und männlicher Verantwortungsübernahmebereitschaft beruht! Humor, Zärtlichkeit und gemeinsame Naturerlebnisse sollen aber auch nicht zu kurz kommen! Auch die „moderne, postfeministische Frau“ befindet sich nämlich im Aufbruch und ist jederzeit bereit, verknöcherte Patriarchatsstrukturen aufzubrechen, nicht trotz, sondern trotzig wegen ihrer „Tage“! Erst vor 12 Tagen war z. B. Internationaler Frauentag, und in knapp zwei Mondinnen ist Muttertag! Vorletzten Donnerstag aber herrschte noch frühes Mittelalter! Die Damenoberkleidung stöhnte unter dem Diktat männlicher Phantasielosigkeit,

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Miese Mode, ungenaues Frauenbild

und mit dem kleinen Geheimnis der Frau, dem süßen „Darunter„, sah es kaum nennenswert besser aus. Tristes Einerlei, Vermummungsgebot, vergebliche Suche nach Kleidsamem zum kleinen Preis. Unter der Burka herrscht tote Hose, „sexy„, gar sinnlich-sündig ist hier Fehlanzeige, statt O-làLà-Croissant nur alltägliches Graubrot in kalten Farben und Formen, die überall kneifen und außerdem einen dicken Hintern machen!

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Patriarchalische Phantasielosigkeit!

Der Verhüllungswahn führte im Handumdrehn zu grotesker Orientierungslosigkeit unter den Männern: Die jüngere Generation hatte keinen Schimmer mehr, wie Frauen überhaupt aussahen! Flirt- und Tanzschulen wurden von den Moral-Taliban geschlossen, beliebte Volksfeste („Damenwahl im Ball der einsamen Herzen“) verboten, aufklärerische Literatur (Alt-Ayatollah Allahhand: „Frauen – Eine Gebrauchsanweisung für den Müslimmann“) verschwanden unter dem Ladentisch. Das notgeile männliche Jungvolk verzweifelte schier: Wozu noch mal bloß gab es Frauen? In der Not schlug Haut-Couture-Ayatollah Andy Warhola vor, die Burkas außen mit dem Bild eines nackten Weibes zu bedrucken, um hierdurch neue Anreize zu schaffen – doch die Tage des Verhüllungsdiktats waren bereits gezählt.

Die Frauenemanzipation nahm ihren Lauf: Das weibliche Geschlecht bewies mit links, daß es intellektuell locker mit den „Herren der Schöpfung“ mithalten kann. Schon bald tauchten  die ersten Frauen auf, die zwar noch mit dem Möbelkatalog in die Gemäldeausstellung gingen, aber bereits imstande waren, sich selber auf gemalten Bildern wiederzuerkennen, eine Fähigkeit, die bis dato ausschließlich höheren Primaten vorbehalten ist: 

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Bilder einer Ausstellung: Frauen schauen dich an!


 

 

 

 

 

 

 

 

Junge Frauen lernten nun endlich, welche Vorteile es bringt, das Kleid vor dem Dampfbügeln auszuziehen – was für eine Befreiung des vom männlichen Blick und dem heißen Bügeleisen malträtierten Körpers! Sinn und Sinnlichkeit brachen heraus, Stolz und Vorurteil blieben lächelnd auf der Strecke und gut für den Teint war es überdies!

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Ein heißes Eisen: das Nackt-Bügeln befreit!

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Schnurstracks eroberte sich die zarte Weiblichkeit den bis dahin eifersüchtig gehüteten sog. Männerberuf! Es waren schließlich Frauen, die den alten Handwerken, der Klempnerei, dem Tätowieren, der Hufschmiede („Piercing“), der Sorgenmacherei und dem Trash-Tratschen den sprichwörtlichen „goldenen Boden“ retteten.

Wer in der Oberstufe die MuMä-AG „Mutige Mädchen“ belegt hatte, schaffte es später sogar, den wilden Großen Roten Mob zu bändigen und damit zuhause souverän den neuen goldenen Boden zu polieren!

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Frauen bändigen den Riesenmob

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Bei alledem hütet sich die „junge Wilde“ von heute aber vor unschöner Vermännlichung. Sie steht zu ihrer weiblichen Seite, bekennt sich zu Kuscheligkeit, Nackenwärme und progressiver Muskelentspannung. Ohne falsche Scham möchte sie „schön“ sein – nicht für „ihn“, den fiesen männlichen Blick, sondern „einfach so“, „für mich ebend“ und für das schlaffe Plüschtier auch.

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Die postmoderne Frau hat eine weibliche Seite!

Um Mutti muß man sich übrigens keine Sorgen machen. Das Fenster lag gottlob im Erdgeschoß. Mütter sind ja, wie wir erleichtet feststellen, ohnehin unsterblich: Sie leben in ihren Söhnen weiter, oder, genau so schlimm, in den Töchtern. Davon ab: Mutti ist mit ihrem neuen griechischen Freund Dr. Botox Anacellulitis durchgebrannt und verbrät den mit Fettabsaugung und Lippenpolsterei zusammengerafften Zaster entspannt in der Karibik: Forever Young! 

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Forever young: Mutti wartet auf Dr. Botox Anacellulitis