Faszinierende Primaten!
Faszinierende Primaten. Egon Friedell behauptet in seiner wunderbaren „Kulturgeschichte“ mit fröhlicher Beiläufigkeit, die Charakterfehler der heutigen Griechen seien schon die der alten gewesen. Vertieft man sich in die Kultur- und Sozialgeschichte, gewinnt man einen über Vorurteile noch hinausgehenden Eindruck: Die edlen Hellenen waren zweifellos eitel, geschwätzig, streitsüchtig, verlogen, heimtückisch, neidisch, feige, geil, verfressen, trunksüchtig, sentimental, raffgierig und grausam bis zur Blutrünstigkeit; auf Preise und Ehrungen versessene, von Konkurrenz und Ehrgeiz zerfressene Prozeßhansel, Verleumder und Nachredner, deren Lebensgefühl das der permanenten empörten, mißtrauischen Aufgeregtheit von Leuten glich, die immer Angst haben, übervorteilt und bestohlen zu werden. Daß selbst ihre Götter, aller Erhabenheit entbehrend, sich fortwährend gegenseitig beklauten, betrogen, die Frauen ausspannten, Günstlinge protegierten, Unschuldige kidnappten oder vergewaltigten, Blutvergießen anzettelten oder Unterlegene folterten, entspricht ohne Abstriche dem Charakterprofil ihrer Verehrer. Gerade in der klassischen Periode, in der Blütezeit der Polis-Kleinstaaten, die in der jenseits der Idealisierung liegenden historischen Wirklichkeit eher somalischen Piraten-Kommunen glichen, führt sich das große Kulturvolk mehrheitlich auf wie eine zänkische Herde von Pavianen, die man auf zu kleinem Raum zusammengesperrt hat. Daß unter diesen Umständen alle helleren Köpfe Gegner der Demokratie waren, ist mehr als verständlich. Daß sie eben aus diesem Grunde heimlich oder offen sich als Verehrer der spartanischen Terrorkommune outeten, zeigt, daß sie nicht besser waren als der Rest. Die gesamte griechische Moralphilosophie war eine einzige große Heuchelei, eine Komödie, ein Maskenspiel.Was fasziniert an diesem Volk so? Vielleicht diese halb karikierende, halb entlarvende Ähnlichkeit mit uns, die uns auch angesichts von Primaten im Zoo so fesselt. Was die niedrigsten Triebe angeht, waren die Griechen beinahe wie wir Menschen!
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23. Februar 2009 um 10:37 PM
Sokrates, der alte Grieche lehrt, dass der Wahnsinn kein Übel schlechthin sei. Seien doch durch ihn die großen Güter über Hellas gekommen.
Demokrit, noch so’n alter Primat schrieb: «Ingenium misera quia fortunatior arte / Credit et excludit sanos Helicone poetas Democritus,»
Frei übersetzt: Das Genie ist durch kranke Kunst erfolgreicher; gesunde Dichter taugen nicht viel.
Und noch einer obendrauf: «Negat enim sine furore Democritus quemquam poetam magnum esse posse.»
(Ohne Wahnsinn kein großer Dichter)
So, jetzt geht das Latinum in die Heia.
24. Februar 2009 um 11:15 AM
warum immer so negativ ?
freiheitsliebend sind sie, die Griechen !
24. Februar 2009 um 11:57 AM
ächz, freiheitsliebend auch in der Knabenmuse.
Zufällig hatte ich am Wochenende ein paar Epigramme beim Wickel…na ja
http://artemis.holstein28.de/product_info.php?info=p4627_Funkelnd-wie-Blitze–so-grell—Epigramme-aus-d–Griech–Anthologie—hrsg–u–uebertr–von-Dietrich-Ebener.html
24. Februar 2009 um 12:09 PM
ich meinte die Flucht aus dem Knast mi der Strickleiter
28. Februar 2009 um 3:40 PM
We are children of Evolution:
Evolutionstag statt Christi Himmelfahrt !