Allgemeinbildendes über das Fernseh


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Ich war noch Leichtmatrose auf der Verbraucherschutz-Fregatte Q., da stellte ich mir, inspiriert durch ein steinernes Denkmal, die Geburt des Fernseh ungefähr so vor:

Als der Mensch, seine Zeit und seine Umgebung noch zueinander paßten, nannte man das Steinzeit. (Später folgten nacheinander die Bronze-, Plastik-, Reise- und Sommerzeit, im Anschluß ferner noch die Saure-Gurken-, Rekord- und schließlich die Echtzeit) 

Steinzeit, denn das Leben war hart, grau und eckig. Wer ein bißchen Spaß wollte, biß auf Granit. Oder stampfte zur Musik der “Rolling Stones” mit dem plumpen, unbeschuhten Füßen, die damals ihre erste Abschiedstournee planten ( – die Stones, nicht die Füße).

Später weltbekannte Tüftler wie Einstein grübelten, wie man bloß Leben in die zugige Bude bringen könnte. Das Foto-Dokument zeigt: Buden waren damals noch ein-eckig und es zog natürlich drinnen wie Hechtsuppe. Erst die Erfindung des Vierecks durch die Inder schuf dann Abhilfe.

Apropos: Man müßte was erfinden, was nicht so doof macht wie sich Keulen übern Schädel ziehen, aber trotzdem unterhaltsam ist, dachte Einstein. Wie wärs denn vielleicht mit … Fernsehen?

Die Idee war Gold wert. Oder blanke Kiesel, denn Gold gab es in der Steinzeit ja noch nicht. Aber wie … “umsetzen”! (“Wir müssen unser Potential abrufen und auffm Platz umsetzen”, Lukas Pladautzki, FC Steinball). Einstein, daher der Spitzname, griff sich einen Stein und fing an, gedankenverloren daran herumzuschnitzen. Den berühmten Designer-Grundsatz “form follows function” kannte Einstein schon, aber weil er kein Englisch konnte, nicht mal business english, wußte er nicht, was das hieß. Also brachte er zuerst die Form des Fernsehers zustande. Gut, noch nicht Flachbild (flat screen), noch nicht HDL-(hab dich lieb)-tauglich, aber immerhin – sah schon mal aus wie ein Fernseher der „Generation Drehwählscheibe”. Nur: Er funktionierte nicht. Kein Bild, kein Ton. Nur der Wind heulte gemeinsam mit den Wölfen ums zugige Ein-Ecken-Fernsehzimmer.

Einstein ahnte: Irgendwo da in der Kiste steckte die Fernseh-Steinzeit: Peter Krankengeld, Hanns-Joachim Kulenkrampf, Heribert Fraßbender, Vico Tobleroni und das Musikantenmadl. Man konnte das alles im Stein praktisch schon herumrumoren hören, – aber wie kriegte man das da jetzt rausgemeißelt? Die Steinzeitfamilie saß, steinharte Couch-Kartoffeln lutschend, jahrelang, fast bis an die Grenze zur Bettgehzeit, vor dem stummen, dummen Steinding und wartete darauf, daß endlich mal “was im Fernsehn kam”. Schon drohte (Foto!) Gras über die Sache zu wachsen, doch das “Programm” auf dem Schirm blieb eintönig, mausgrau und steinalt.

Na, heute sind wir schlauer. Armer Einstein! Er war soo nah dran, damals! Hätte bloß noch eine Fernbedienung schnitzen müssen – und dann wäre die Post abgegangen. Aber so kamen Mensch und Fernseher erst viel später zusammen und der Neanderthaler starb sogar aus.“

… nun lehrt mich die Tageszeitung, aus der mir die Pflegerin morgens nach dem Kaffee immer vorliest, es hätte sich alles ganz anders verhalten: Nicht in der Stein-, sondern in der Gründerzeit, vor 125 Jahren, hat ein 23-jähriger Student namens Paul Lipkow aus dem pommerschen Lauenburg ein Gerät beim Kaiserlichen Patentamt angemeldet, das „ein am Orte A befindliches Objekt an einem beliebigen Orte B sichtbar zu machen“ imstande sei. Dieses Gerät nannte er Elektronisches Teleskop. Das Fernseh war theoretisch erfunden. Als Karl Ferdinand von Braun dann noch 1897 die gleichnamige „Braunsche“ Kathodenstrahlröhre beisteuerte, begann das unheimliche „Narrenkasterl“ (H. Steinfest) allmählich zum Leben zu erwachen. Schemenhaft flimmerten die ersten Fernseh-Nasen über „den Schirm“! Der Homunculus des Dr. Frankenstein erwachte: Eine Bilderbuchkarriere begann.

Heute ist es nun soweit und so weit schon eine Selbstverständlichkeit: Wir (Ort B) können heute rund um die Uhr und flächendeckend Stellen (Ort A) besichtigen, an denen beispielsweise noch ganz kürzlich ein sog. „tragischer“ Verkehrsunfall stattfand! –  Aber das ist schon eine andere Geschichte aus meiner Serie „Ich glotz TV“…

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8 Kommentare - “Allgemeinbildendes über das Fernseh”

  1. richensa Says:

    Also, um es mal so zu sagen: ich mag die Steinzeit, besonders gefällt mir im Moment die Übergangsphase von der frühen zur älteren Trichterbecherkultur in der Uckermark… *schwurbelrum*


  2. […] nicht ganz so einfache Sache, da das Schöne hier gefunden werden muss. (In meinen Anfänger als TV-Glotzer empfand ist gar nicht […]


  3. […] ich GLOTZ TV und bekenne mich zum nächtlichen oder morgendlichen Bedürfnis nach Trivialem. Ein heute […]

  4. botschaftneukoelln Says:

    Aber UDO Waltz war da hoffentlich nicht mit von der partie ?!

    • 6kraska6 Says:

      Ich kann mir nicht vorstellen, daß es in der Hauptstadt IRGENDEINE Veranstaltung gibt, an der der Bundesfrisör NICHt teilnimmt. Benedix XII,5 wird ihn bald heilig sprechen. Die Voraussetzung der Trilokation besitzt er schon: Er kann in drei verschiedenen TV-Talkshows gleichzeitig auftreten und zugleich der Bundesmutt die Mundwinkel hochbügeln….

  5. botschaftneukoelln Says:

    Da steht er nicht allein, es gibt auch sog. Report-Designer, die gleichzeitig auf 7
    ( in Worten: sieben ) «Events» gleichzeitig auftauchen.


  6. […] «Leer ausgehen, das Nachsehen haben, fernsehen» […]


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