Charaktere…die wirklich nerven
Zum Beispiel der Wortmüll-Werker. Meistens ist er in der DDR aufgewachsen, was freilich nicht unbedingt zur Sache beiträgt, aber für ein gewisses Flair von aufdringlicher Zutraulichkeit sorgt, eine unangebrachte Kumpelhaftigkeit und Distanzlosigkeit, die für sich schon nervt. Aber es kommt schlimmer.
Der Wortmüll-Werker geht in der Regel keiner geregelten Arbeit nach, was ihm die Zeit, vielleicht auch den Drang verleiht, überall seinen verbalen Senf dazuzugeben. Er schwirrt durch Foren und Blogs, ist in jedem Kommentar-Thread zu finden und hat zu allem eine Menge zu sagen. Nichts Inhaltliches, sondern im Grunde nur das, was ihm ohnehin gerade assoziativ durchs Hirn rauscht. Von Bedeutung ist es in der Regel nicht. Er ist, sagen wir es offen, ein Schrift-Schwätzer, er leidet unter Graphorrhoe, er kann, wie man früher sagte, die Tinte nicht halten.
Er ist ein durchtriebener Anbiedermann. Deshalb redet er nach jedem Munde, der ihm begegnet, denn er möchte Anerkennung, Wärme, ein emotionales Leckerchen, irgendetwas, das ihn spüren läßt, daß er lebt. Seine zumeist ellenlangen Mitteilungen, die er gern auch als persönliche E-mails verschickt, ungefragt, stellen eine Art verbales Schwanzwedeln dar. „Ich möchte dein Freund sein“, sagen die blanken Hundeaugen, die zwischen den Zeilen hervorblinzeln. Unaufgefordert sichert der Humanist der Herzen jedem volles Verständnis, prinzipielle Solidarität und herzensgutes Mitgefühl zu. Würde irgendetwas davon einmal wirklich gebraucht, haben wir freilich ein Problem. Der Wortmüller ist nämlich opportunistisch bis zur Selbstaufgabe. Im Konfliktfall sieht man ihn schnell nur noch von hinten bzw. nur noch die fliegenden Fahnen, mit denen er zu den vermeintlich stärkeren Bataillonen überläuft, einen großen Haufen nutzloser Wörter hinterlassen, die trocken in der heißen Luft rascheln, die er aufgewirbelt hat, unser Charakter der Woche: der Wortmüll-Werker.
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6. Februar 2009 um 5:13 PM
Du musst dich in Frauen-Foren tummeln, da kommt so etwas nicht vor.
Zumindest nicht in denen, in denen es um Blasenentzündungen, Verhütungspflastern und still-born babies geht!
6. Februar 2009 um 5:31 PM
tatsächlich der erste Kommentar?: bHb
6. Februar 2009 um 10:06 PM
Gibt es die nicht auch im Kollegenkreis, in der Nachbarschaft, unter den örtlichen Kaufleuten?
Du wirst Dich auf noch so viele Internet-Seiten zurückziehen können, ohne je vor denen Ruhe zu haben, die Dich verbal zumüllen.
Mir begegnen solche jedenfalls durchaus nicht nur bei Qype (hier natürlich weniger, da ich mich nicht annähernd so viel selbst einbringe). Engagierte Beiträge wie Deine werden immer auch Kommentare erhalten, die Dich ärgern, die Dich verletzen, durch die Du Dich angegriffen fühlst.
Meinst Du, Ignoranz hätte Dir nicht besser gestanden als Beschimpfungen bzw. Beschwerden? Durch Ignoranz bringst Du solche unangenehmen Mitmenschen doch am ehesten zum Schweigen.
Schade, dass Du Dich nun zurückziehst, ich hatte immer viel Spaß an Deinen Texten. Habe mal diese Seite als Link unter meinen Favoriten gespeichert, aber ich fürchte, dass ich mich verzettele.
Wo soll ich denn noch überall rumsurfen?
Du hast nun diese Seite aus der Taufe gehoben, der nächste Qyper wandert auf eine Seite aus usw, usw. Ich kann den netten Typen doch nicht überall hinterherlaufen!!!
Daher wünsche ich Dir, dass Du nun hier glücklich wirst und Deine netten Veröffentlichungen wirklich den verdienten Applaus von ausschließlich umgänglichen Benutzern findet.
Ich glaube nicht an Gott, aber ich glaube an Dich! Du machst das schon.
Alles Gute!
Barbara
6. Februar 2009 um 10:46 PM
Hallo Kraska,
Du sprichst mit Deinem „Wort-Müll-Fetichisten“ ein
Synonym der Wendezeit an. Du weißt sicher, was ich
damit sagen will ?
Nicht negativ auffallen – nicht an-ecken lieber an-runden oder sogar an-biedern ? – jedem gerecht werden wollen …
aber schon FJS sagte einmal:
„Everybody´s honey – everybodody´s ashole !“
BarBQ
7. Februar 2009 um 4:36 PM
Was kann denn dazu schon sagen?
Nichts?
Oder wie bekritteln wir uns zu Tode?
Oder war das gerade eine treffende Selbstbeschreibung?
7. Februar 2009 um 5:03 PM
@rotegraefin: Deinen Kommentar verstehe ich nicht ganz. Was möchtest Du mir damit sagen? Daß Du meinen Text doof oder überflüssig findest? Oder mich nicht magst? Ist doch nicht schlimm. Liest Du halt mein Zeug nicht…
7. Februar 2009 um 5:28 PM
falls ich gemeint sein sollte, das sollte nur heissen: „blanke Hundeaugen blinzeln“, erst hatte ich nur bH, das wäre ja noch unverständlicher !
7. Februar 2009 um 5:44 PM
Uii… Selbst als Hochgeschwindigkeitshermeneutiker hab ich manchmal Probleme, Dir um die Ecken zu folgen, um die herum Du denkst. „bHb“ war mir in der Tat etwas zu kryptisch…. Danke für die Aufklärung! Z! (= Zurückblinzel…)
7. Februar 2009 um 6:01 PM
aber warum ich jetzt die rotegraefin sein soll, ist mir auch ein rätsel, aber im Zweifel fühl ich mich natürlich angesprochen.
7. Februar 2009 um 6:51 PM
„Meistens ist er in der DDR aufgewachsen“
Das versteh ich nicht ganz, was ich mir jetzt mal verzeihe, da ich keine Deutsche bin und die zwischenmenschlichen Ressentiments zwischen Ost und West nicht kenne. Aber interessieren würds mich doch. Wieso ist der Wortmüll-Werker meistens in der DDR aufgewachsen? Wurde opportunistische Anbiederung dort in der Schule gelehrt? Oder fehlte es in der DDR generell an einer liebevollen Kindheit, sodass das „Bitte, bitte, hab mich lieb“ Syndrom dort besonders ausgeprägt ist? Oder handelt sichs hier nur um Ost-West Vorurteile? Das interessiert mich jetzt übrigens wirklich…
Und weil ich schon mal hier bin und mich ungebührlich einmische *hundeaugenblinzeleinsetzend* – meinte Rheinnixe wirklich, dass Kraska „Ignoranz“ besser stehen würde? Oder war doch eher „Ignorieren“ gemeint, was ja nicht ganz dasselbe ist. Das interessiert mich jetzt übrigens auch wirklich.
Hach, Fragen über Fragen!
8. Februar 2009 um 2:47 AM
Hallo, Joulupukki,
ich kenn Dich ja nur als Legende oder Mythos: Als ich zu Qype kam, warst Du gerade weg, was von Freunden, die ich dann kennenlernte, nachhaltig bedauert wurde…
Deine Frage berührt einen komplexen Sachverhalt. (Vielleicht hätte ich den politisch inkorrekten DDR-Hinweis stecken lassen sollen? Hm…) Schwer, darauf in einem Kommentar-Thread zu anworten. Ich denke, das Stichwort ist Distanz. Was ich über viele Jahre – auch zu Zeiten, als der Arbeiter-und Bauernstaat noch existierte – eigentlich immer wieder erlebt habe (zahlreiche Verwandtschaft dort!) war eine Neigung zur Distanz-Unterschreitung, eine vorweg genommene Kumpelhaftigkeit, die schon deswegen unangenehm war, weil die Hälfte der „Kumpel“ für die Stasi arbeiteten. Hm, es ist schwer zu erklären. Mündlich könnt ich das besser. Echt!
7. Februar 2009 um 7:21 PM
Hi,
manchmal ist das recht unverständlich,jeder nimmt Gesagtes, was auch immer zu persönlich. Ich mag Deine Kommentare, manche Leute nicht und sind sogar irritiert, das könnte man argumentieren, allerdings reagieren manche Leute dann eher provokativ.
Dann, wie shon gesagt: ignoriern, das trifft tiefer als jede noch so
– treffende – Antwort.
Ich habe es auch erfahren.
Ich glaube an Gott !!
Geh Deinen Weg.
Sei gegrüsst
Ingeborg
15. Februar 2009 um 7:07 PM
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